3.2. Zur Analyse der topologischen Felder
3.2.2. Sọtze mit einem topologischen Feld
Nr. Vorvorfeld (VVF)
Vorfeld (VF)
LSK Mittelfeld (MF)
RSK Nachfeld (NF)
Seite
(5) Er kitzelt. 58
(6) Bernhard und
die Kinder
kommen mit. 202
(7) Wann? 143
Sọtze mit nur dem topologischen Vorfeld kửnnen als einfachste vollstọndige Sọtze im Deutschen betrachtet werden. Aus den obigen Beispielen (5) und (6) lọsst sich feststellen, dass diese Sọtze nur aus einem Subjekt und einem Verb bestehen, wobei das Verb ein einteiliges Verb (5), ein Partikelverb (6) oder eine Kombination von einem Modalverb und einem Vollverb sein kann. Eine weitere Bedingung ist, dass das finite Verb die zweite Position einnimmt (Verbzweitstellung - Verbzweitsatz).
Bei dem Beispiel (6) treten koordinative Konjunktionen in Phrasenkoordinationen auf, nọmlich und zwischen den koordinativ verknỹpften Ausdrỹcken. Der Satz kann in zwei Sọtzen eingeteilt werden: Berhard kommt mit. Die Kinder kommen mit. Berhard und die Kinder kommen mit.
Betrachtet man das Beispiel (7), fọllt auf, dass die Definition des Satzes verletzt wird, wenn man (7) als Satz betrachtet. Statt der Vollstọndigkeit und der Unabhọngigkeit eines Satzes ist ein Telegrammstil zu sehen, indem Teile des Satzes in dem bestimmten Kontext elidiert werden. Hierbei handelt es sich um eine Tilgung des Subjekts und des ganzen Prọdikats: Wann kann ich zu dir kommen?
Nicht nur ein Nomen (5), sondern eine Nominalphrase (6) und W-Wửrter beim Fragesatz (7) nehmen die Position des Vorfelds ein.
- Sọtze mit Nachfeld:
Nr. VVF VF LSK MF RSK NF Seite
(8) Obwohl du punktgenau den Nerv
triffst
17
(9) Weil du es willst 17
(10) Sag, dass es nicht wahr ist. 75
(11) Danke, dass du mich durch einen
schmalen Spalt in deinen Gefühlsschank blicken hast lassen.
58
Die Beispiele (8) und (9) weisen eine ọhnliche Struktur auf: das Vorfeld und das Mittelfeld werden getilgt. Dies ist in der gesprochenen Sprache relativ populọr. Die beiden Sọtze (8) und (9) sind semantisch Aussagesọtze und grammatisch Nebensọtze, die mit obwohl oder weil eingeleitet werden. Das Verb des Nebensatzes in dem jeweiligen Beispiel nimmt die letzte Position ein (triffst und willst:
Verblendstellung). Im Vergleich dazu ist (10) kein Aussagesatz sondern ein Aufforderungssatz, denn das finite Verb sag steht am Anfang des Satzes und das Satzeichen ist ein Punkt. Der dass-Satz steht im Nachfeld unmittelbar nach dem finitem Verb sag.
Das Beispiel (11) ist topologisch dem Beispiel (10) ọhnlich. Es geht allerdings nicht um einen Aufforderungssatz sondern einen Aussagesatz mit der Elidierung von dem Subjekt und dem Objekt (Ich danke dir, dass du mich durch einen schmalen Spalt in deinen Gefühlsschrank blicken hast lassen.). Bemerkenswert ist hierbei die Abfolge der Verben im Oberfeld: das finite Verb ist das ranghửchste Verb, trọgt den Index 1 und darauf folgt das Verb, von dem es selegiert wird118.
Danke, dass du mich durch einen schmalen Spalt in deinen Gefühlsschrank blickenV3 hastV1 lassenV2.
Nach der Regel bei dem Auftreten von dem Perfektauxiliar haben und lassen sollte die Abfolge V1 – V3 – V2 sein. Jedoch werden die Positionen des V1 und des V3
118 vgl. Pafel (2005, 67)
gewechselt. Es kửnnte sein, dass die Tendenz der Platzierung ganz rechts von dem finiten Verb im Nachfeld die Verletzung der Abfolge verursacht.
- Sọtze mit Mittelfeld:
Nr. VVF VF LSK MF RSK NF Seite
(12) Wollte er mit dem kleinsten jemals schriftlich kundgetan Lebenszeichen einen Platz in meinem persửnlichen Buch seiner Rekorde
erobern? 193
(13) Angenehmen Abend, Emmi. 96
(14) Bringen wir‟s hinter uns. 19
(15) Rücke nur ja nie den Schlüssel zu deinem Gefühlsschrank
heraus.
(mein Lieber)
135
Die obigen Beispiele sind reprọsentativ fỹr Sọtze nur mit dem Mittelfeld. Bei diesem Typ kommen nicht nur Aussagesọtze (13, 14), Aufforderungsọtze (15) sondern auch Entscheidungsfragesọtze (12) vor. Betrachtet man das Beispiel (12), fọllt auf, dass das Mittelfeld aus vielen Satzgliedern besteht und die Satzgliedfolge im Mittelfeld dadurch untersucht werden kann. Zuerst ist festzustellen, dass Subjekt vor allen anderen Satzgliedfunktionen im Mittelfeld steht. (erSubjekt < mit dem kleinsten jemals schriftlich kundgetan LebenzeichenMod.Angabe< einen PlatzAkk.Objekt <
in meinem persửnlichen Buch seiner RekordeLok.Angabe). Adverbiale Ergọnzungen stehen normalerweise nach allen anderen Satzgliedern. Für die Kombination von verschiedenen Angaben ist die Regel Temp.<Kaus.<Mod.<Lok. unabhọngig von der Fokus-Hintergrund-Bedingung.
Das Beispiel (13) ist ein Aussagesatz mit einer Tilgung aus ửkonomischen Grỹnden.
Hierbei wird nicht nur das Subjekt sondern auch das Dativobjekt elidiert (Ich wünsche dir einen angenehmen Abend, Emmi.). Ausgehend von dem topologischen Modell dieses Satzes ist festzustellen, dass solche Sọtze in der gesprochenen Sprache oft vorkommen wie guten Tag, schửnes Wochenende, alles Gute zum
Geburtstag o.Ä. Der Satz (14) erscheint zwar in Form von einem Aufforderungssatz mit dem Verb in der ersten Position und einem Punkt als Satzzeichen, ist aber semantisch ein Aussagesatz mit dem Positionwechsel des Subjekts (Mittelfeld statt Vorfeld). Bei diesem Fall tritt das enklitische Pronomen (‘s), das typischerweise am Mittelfeldanfang steht, unmittelbar nach dem Subjekt wir auf.
Das Beispiel (15) ist ein Aufforderungssatz mit einem komplexen Mittelfeld, das das Partikelverb (herausrỹcken) umschlieòt. Betrachtet man das Mittelfeld von (15), ist bemerkenswert, dass im Mittelfeld sowohl Objekte (Akkusativobjekt den Schlüssel zu deinem Gefühlsschrank), Adverbien (modales Adverb nie) als auch Partikeln (Modalpartikeln nur, ja) als betontes Hilfsmittel vorkommen. Im Mittelfeld treten Satzadverbiale meist nach Modalpartikeln und vor fokussierten Ausdrücken auf119: nur ja (Modalpartikeln) < nie (Adverb) < den Schlüssel zu deinem Gefühlsschrank (fokussierter Ausdruck).
- Sọtze mit Vorvorfeld:
Nr. VVF VF LSK MF RSK NF Seite
(16) Und bleibt. 96
(17) Oder kenne? 147
(18) Aber scheib! 49
Auffọllig ist bei den obigen Beispielen, dass Sọtze nur mit Vorvorfeld nicht vollstọndig und daher auch abhọngig sind. Wọhrend (16) ein Aussagesatz mit elidiertem Subjekt ist (Und sie bleibt.), ist das Beispiel (17) ein Fragesatz mit getilgtem Vorfeld (Was), Mittelfeld (denn schon dabei) und Nachfeld (wenn ich Pam kenne?). Die beiden Sọtze stehen im Zusammenhang mit dem unmittelbar vorangegangenen Satz und gelten als eine andere Variation zum Satzbilden: (16) Pam kommt. Und bleibt Pam kommt und bleibt. (17) Was ist denn schon dabei, wenn ich „Pam“ erkenne? Oder kenne? Was ist denn schon dabei, wenn ich
119 vgl. Altmann/Hofmann (2008, 182)
„Pam erkenne oder kenne? Das Beispiel (18) ist im Gegensatz zu (16) und (17) ein vollstọndiger Aufforderungssatz.
3.2.3. Sọtze mit zwei topologischen Feldern