Ian Bremmer DAS ENDE DES FREIEN MARKTES Der ungleiche Kampf zwischen Staatsunternehmen und Privatwirtschaft Aus dem Amerikanischen von Karsten Petersen Titel der Originalausgabe: The End of the Free Market Who Wins the War Between States and Corporations? New York, Portfolio 2010 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches oder von Teilen daraus, vorbehalten Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG genannten Sonderfälle –, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden Copyright © Ian Bremmer, 2010 All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form This edition published by arrangement with Portfolio, a member of Penguin Group (USA) Inc Alle Rechte der deutschen Ausgabe: © 2011 Carl Hanser Verlag München Internet: http://www.hanser-literaturverlage.de Übersetzung: Karsten Petersen (www.translibri.com) Lektorat: Martin Janik Herstellung: Stefanie König Umschlaggestaltung: Brecherspitz Kommunikation GmbH, München, www.brecherspitz.com unter Verwendung einer Fotografie von corbis Satz und Datenkonvertierung eBook: le-tex publishing services GmbH, Leipzig ISBN 978-3-446-42977-2 EINFÜHRUNG An einem Freitagnachmittag im Mai 2009 erhielt ich per E-Mail die Einladung, an einem Meeting mit einer kleinen Gruppe von Wirtschaftsjournalisten und -wissenschaftlern sowie Chinas stellvertretendem Außenminister He Yafei teilzunehmen, um „Ideen und Meinungen über die aktuelle Finanzkrise auszutauschen“ Sieben Tage später saß ich in einem kleinen Konferenzraum im Chinesischen Konsulat an der Twelfth Avenue in Manhattan, direkt gegenüber einem hochgewachsenen, freundlichen chinesischen Diplomaten in einem exzellent geschnittenen schwarzen Anzug Nachdem er die Teilnehmer in leicht gefärbtem Englisch begrüßt hatte, eröffnete der lächelnde Diplomat die Sitzung mit einer Frage: „Da ja nun der freie Markt versagt hat“, so fragte er in die Runde, „was ist Ihrer Meinung nach die angemessene Rolle des Staates in der Wirtschaft?“ Seine Frage schwebte einen Moment unbeantwortet im Raum Sein provozierend sachlicher Ton und die enorme Tragweite seiner Unterstellung brachten mich beinahe zum Lachen, doch ich fing mich gerade noch rechtzeitig – obwohl ich annehme, dass meine Erheiterung ihn kaum gestört hätte Seine Freundlichkeit war echt, aber seine Frage war ernst gemeint – und ein kurzer Blick auf die Schlagzeilen konnte seine Behauptung eindrucksvoll untermauern Viele Ökonomen hatten seit 2007 zunehmende Anzeichen eines bevorstehenden Zusammenbruchs gesehen, aber die Meldung vom 15 September 2008, dass die Investmentbank Lehman Brothers Gläubigerschutz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts beantragt hatte, ließ auch die letzten Zweifel schwinden – es handelte sich um eine Finanzkrise historischen Ausmaßes Innerhalb von Tagen hatten politische Funktionäre der Washingtoner Regierung die Verantwortung für Entscheidungen übernommen, die normalerweise von den Märkten in New York getroffen werden – eine folgenschwere Verlagerung von wirtschaftlicher und finanzieller Macht aus der USFinanzmetropole in die politische Hauptstadt der Vereinigten Staaten Am Oktober unterzeichnete Präsident George W Bush den Emergency Economic Stabilization Act of 2008 („Notfallgesetz zur Stabilisierung der Wirtschaft von 2008“) und setzte damit das 700 Milliarden Dollar schwere Troubled Asset Relief Program („Hilfspaket für notleidende Vermögenswerte“) in Kraft Es mehrten sich die Anzeichen, dass eine globale Rezession um sich griff Als sich Anfang 2009 die Debatte über ein Konjunkturprogramm verschärfte, warnte der neue Präsident Barack Obama, die Vereinigten Staaten würden auf eine Katastrophe zusteuern, wenn nicht Washington schnell und entschlossen handele Der Gesetzgeber reagierte auf seine Warnung mit einem 787 Milliarden Dollar schweren Rettungspaket He Yafei wartete geduldig auf eine Antwort „Die Banken haben ganz offenkundig darin versagt, sich selbst zu regulieren, aber das erfordert keineswegs, dass die Regierung dauerhaft die Wirtschaft dominieren muss“, erwiderte ich „Obwohl mir klar ist, warum diese Idee vielen Politikern gefallen könnte“, dachte ich im Stillen Robert Hormats von Goldman Sachs, Don Hanna von der Citigroup, der Wirtschaftsexperte Nouriel Roubini und andere Teilnehmer äußerten ebenfalls ihre Meinungen Im Laufe der folgenden 90 Minuten machten meine amerikanischen Kollegen und ich unseren Standpunkt klar, und He Yafei schilderte seine Sicht der Dinge Beide Seiten konnten Punkte machen, und es zeigten sich etliche Gemeinsamkeiten Als jedoch das Meeting zu Ende ging, war klar, dass wir uns für die jeweiligen Vorzüge zweier völlig unvereinbarer Systeme politischer und wirtschaftlicher Grundsätze eingesetzt hatten In vielen heutzutage in aller Welt stattfindenden Konferenzen weit grưßerer Tragweite wird diese Unfähigkeit, Einigkeit über die angemessene Rolle des Staates im Hinblick auf wirtschaftliches Handeln zu erzielen, unser Leben verändern Das offensichtlichste Beispiel zeigt sich in dem Übergang von einer internationalen Verhandlungsrunde, die von den Staatsoberhäuptern der G-7Industrieländer dominiert wurde – allesamt Verfechter eines „free-market capitalism“, einer kapitalistisch organisierten freien Marktwirtschaft –, zu einem G-20-Modell, das die Notwendigkeit berücksichtigt, auch Länder in das Gespräch einzubeziehen, die freien Märkten eher skeptisch gegenüberstehen, etwa China, Russland, Saudi-Arabien, Indien und andere Als der Herbst 2008 anbrach, waren die G zu einer irrelevanten Institution geworden Die Finanzkrise machte klar, dass ein internationales Gremium, dem zwar Kanada und Italien angehören, China und Indien dagegen nicht, keine überzeugenden Lösungen für die drängendsten länderübergreifenden Probleme unserer Zeit bieten kann Im November 2008, als an vielen Finanzmärkten der Welt Panik um sich griff, trafen sich die Oberhäupter der G-20-Länder in Washington, um sich auf eine praktikable Reaktion auf die Krise zu verständigen Im April 2009 kamen sie erneut in London zusammen, um ihre Verhandlungsversuche fortzusetzen Heute leben wir in einer G-20-Welt, und wenn die politischen Führer der demokratisch verfassten Länder mit freien Märkten diagnostizieren, was die Weltwirtschaft plagt, und ihre jeweiligen Heilmittel verschreiben wollen, sind sie mit dem skeptischen Lächeln eines He Yafei konfrontiert – und all der anderen auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches, die glauben, der freie Markt habe versagt und der Staat müsse die führende Rolle im wirtschaftlichen Handeln von Ländern spielen Das ist ein schwerwiegendes Problem, das in den kommenden Jahrzehnten für enorme Herausforderungen sorgen wird Wie ist diese Situation entstanden? Hatte nicht das Ende des Kalten Krieges den endgültigen Sieg der freien Marktwirtschaft besiegelt? Am 25 Dezember 1991 blickte Michail Gorbatschow benommen in das Objektiv einer einzelnen Fernsehkamera und verkündete seinem Volk, es lebe fortan in einer neuen Welt Er war stolz darauf, das russische Volk „auf den Weg in die freie Marktwirtschaft“ geführt zu haben, legte sein Amt als sowjetischer Präsident nieder, schob die vor ihm liegenden Papiere zusammen und wartete auf das Signal, dass die Übertragung beendet sei Sechs Tage später stellte die Sowjetunion ihren Betrieb ein Binnen drei Wochen machte sich der chinesische Staatsmann Deng Xiaoping auf seine berühmte „Reise in den Süden“, die marktwirtschaftlichen Reformen in China neuen Auftrieb verlieh Innerhalb eines Jahres hatte sogar Fidel Castro akzeptiert, dass ein paar kapitalistische Experimente sein mussten Ehemalige Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts machten sich auf den Weg, zu NATO- und EU-Mitgliedern zu werden Die freie Marktwirtschaft schien den endgültigen Sieg davongetragen zu haben Aber die Russen fanden im Laufe der 1990er-Jahre heraus, dass der Weg von einer Planwirtschaft in eine freie Marktwirtschaft lang und beschwerlich ist Der Nachfolger eines Staates, der zuvor bestimmt hatte, welche Güter in welchen Mengen produziert werden und welche Preise die Käufer dafür zahlen sollten, wurde plưtzlich zum Lenker der grưßten Privatisierungswelle der Geschichte Clevere (und manchmal skrupellose) Wirtschaftsmoguln erwarben über Nacht so unermessliche Reichtümer, dass sich die Frage aufdrängte, wer Russland eigentlich regierte Normale Bürger, die darum kämpfen mussten, sich anzupassen und zu überleben, erlebten so viel Korruption, Konfusion und Chaos, dass ihre schlimmsten Befürchtungen übertroffen wurden Das war nicht die freie oder soziale Marktwirtschaft, wie man sie heute aus den Vereinigten Staaten oder Europa kennt – nein, es handelte sich vielmehr um eine Art Laisser-faire-Liberalismus, einen ungezügelten ManchesterKapitalismus, dessen Märkte von denen reguliert wurden, die von ihrer Ausbeutung am meisten profitieren konnten Und so ist es kein Wunder, dass 1999, als Boris Jelzin sich auf seinen Ruhestand vorbereitete, in ganz Russland die Forderung nach einer Rückkehr zu „Recht und Gesetz“ immer lauter wurde Etliche Militär- und Geheimdienstoffiziere unter der Führung eines ehemaligen KGBOberstleutnants namens Wladimir Putin standen bereit, um diesem Ruf zu folgen Dies ist nicht nur Russlands Geschichte Der Niedergang des Kommunismus ist kein Triumph für die freie Marktwirtschaft, weil er die Herrschaft autoritärer Regierungen nicht beendet hat Chinesische Regierungsfunktionäre beobachteten den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Umwälzungen in Russland, als hinge ihr Leben davon ab, und zogen daraus einige wichtige Lehren Erstens erkannten sie, dass die Tage der Kommunistischen Partei Chinas gezählt waren, wenn es ihr nicht gelang, Wohlstand für das chinesische Volk zu schaffen Zweitens akzeptierten sie, dass der Staat ein anhaltendes Wirtschaftswachstum nicht einfach anordnen kann Nur dann, wenn es ihnen gelang, die unternehmerischen Energien und den Erfindungsreichtum der riesigen chinesischen Bevölkerung zu entfesseln, konnte China gedeihen – und die Partei an der Macht bleiben Kurzum: China musste sich zur Marktwirtschaft bekennen Drittens wurde ihnen klar, dass die Partei, wenn dieses Wachstumspotenzial erst einmal entfesselt war, nur dann ihr politisches Machtmonopol würde behaupten können, wenn sie dafür sorgte, dass der Staat einen mưglichst gren Anteil des von freien Märkten geschaffenen Wohlstands kontrollierte Und dies ist auch nicht nur Chinas Geschichte Autoritäre Regierungen in aller Welt haben gelernt, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten, indem sie sich zu einem von den Kräften des Marktes getriebenen Kapitalismus bekennen Wenn sie es aber ausschließlich den Kräften des Marktes überlassen, die Gewinner und Verlierer des wirtschaftlichen Wachstums zu ermitteln, riskieren sie den Aufstieg derjenigen, die den entstandenen Wohlstand dazu nutzen könnten, sie in ihrer politischen Macht herauszufordern In der Gewissheit, dass eine Planwirtschaft zum Scheitern verdammt ist und dass wirklich freie Märkte ihrer Herrschaft entgleiten könnten, haben autoritäre Herrscher etwas Neues erfunden: den Staatskapitalismus In einem solchen System setzen Regierungen diverse im Staatsbesitz befindliche Unternehmen ein, um die Ausbeutung von Rohstoffen zu steuern, die sie für Kronjuwelen des Staates halten, und so in großer Zahl Arbeitsplätze zu schaffen und zu bewahren Sie setzen ausgewählte, im Privatbesitz befindliche Unternehmen ein, um bestimmte Branchen zu dominieren Sie setzen Staatsfonds (sogenannte sovereign wealth funds) ein, um ihre Überschüsse möglichst gewinnbringend zu investieren In allen drei Fällen nutzt der Staat die Märkte, um Wohlstand zu schaffen, der dann nach Gutdünken der Herrschenden eingesetzt werden kann Und in allen drei Fällen ist das zugrunde liegende Motiv kein wirtschaftliches (Maximierung des Wirtschaftswachstums), sondern ein politisches (Maximierung der Staatsmacht und der Wahrscheinlichkeit, dass die Herrschenden an der Macht bleiben) Das ist zwar eine Form des Kapitalismus, aber eine, in der der Staat als dominierender wirtschaftlicher Akteur auftritt und die Märkte hauptsächlich zum eigenen politischen Vorteil nutzt Um die Unterschiede zwischen einer Planwirtschaft nach sowjetischem Muster und solchen vielfältigen Spielarten des Kapitalismus zu illustrieren, stellen Sie sich bitte ein Fußballspiel vor Die Planwirtschaft ist ein Spiel, bei dem der Staat versucht, das Endergebnis vorherzubestimmen, indem er dafür sorgt, dass alle Spieler, Schiedsrichter und Zuschauer ihre im Voraus festgelegten Rollen spielen Es ist eher ein Schauspiel als eine sportliche Begegnung Im Gegensatz dazu ist der postsowjetische Laisser-faire-Kapitalismus nach russischem Muster ein blutiger Sport, der kaum Regeln kennt und bei dem die Schiedsrichter die konkurrierenden Interessen jener Zuschauer wahren, die am höchsten auf das Ergebnis gewettet haben Die Stärksten setzen sich durch, und alle anderen verlieren Die freie Marktwirtschaft ist dagegen ein Spiel, dessen Schiedsrichter nur existieren, um für die Einhaltung der anerkannten Spielregeln zu sorgen, und bei dem die Spieler an einem echten Wettbewerb teilnehmen Die einzige Rolle der Regierung besteht darin, zu gewährleisten, dass wirkungsvolle und faire Regeln für das Spiel festgeschrieben werden Es ist ein Ideal, zu dem sich die meisten Politiker in den USA und in Europa bekennen Der Staatskapitalismus ist ein Match, bei dem die Regierung die meisten Schiedsrichter dirigiert und genügend Spieler, um ihre Chancen zu verbessern, das Ergebnis des Spiels zu bestimmen Den Zuschauern wird ein bisschen echter Wettbewerb geboten, aber der Staat manipuliert das Spiel, um sicherzustellen, dass die bevorzugten Spieler alles haben, was sie brauchen, um die allermeisten Punkte für die Regierung verbuchen zu können Das Thema dieses Buches ist das Aufkommen dieser neuen Variante des Kapitalismus, und wie es die freien Märkte und die Zukunft der globalen Wirtschaft bedroht Die Hauptrollen spielen die Männer, die China, Russland und die arabischen Monarchien am Persischen Golf regieren; wie wir jedoch einigermaßen ausführlich sehen werden, hat der offenkundige Erfolg dieses neuen Modells eine ganze Reihe von Nachahmern in zahlreichen Schwellenländern auf den Plan gerufen Es wird die Geschichte erzählt, wie im ersten Jahrzehnt dieses neuen Jahrhunderts öffentlicher Wohlstand, öffentliche Investitionen und öffentlicher Besitz ein erstaunliches Comeback erlebt haben Regierungen dominieren heute wichtige nationale Schlüsselbranchen Die Ölkonzerne, die sie besitzen, kontrollieren inzwischen drei Viertel der weltweiten Ölreserven Über Staatsunternehmen und staatlich begünstigte Privatunternehmen intervenieren sie in den globalen Märkten für Luftfahrt, Schifffahrt, Transportwesen, Energieversorgung, Waffenproduktion, Telekommunikation, Metall- und Mineralstoffgewinnung, Petrochemie und andere Branchen Sie besitzen milliardenschwere Staatsfonds, die schnell zu unentbehrlichen Kapitalquellen geworden sind Kapitel eins erzählt, wie das alles entstanden ist Kapitel zwei skizziert eine kurze Geschichte des Kapitalismus, um die Ursachen des momentan entstehenden Konfliktes aufzudecken Kapitel drei beschreibt, wie Staatskapitalismus funktioniert Kapitel vier zeigt, wie und warum die Regierungen in einem Dutzend Ländern ihn einsetzen, insbesondere China, Russland, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate Kapitel fünf erklärt, warum der Staatskapitalismus die freien Märkte und die Zukunft der globalen Wirtschaft bedroht Kapitel sechs beschreibt, was Anhänger der freien Marktwirtschaft gegen diese Entwicklung tun können KAPITEL EINS Der Aufstieg eines neuen Systems Was wir möglicherweise erleben, ist nicht nur das Ende des Kalten Krieges oder das Ende einer bestimmten Phase der Nachkriegsgeschichte, sondern das Ende der Geschichte überhaupt: das heißt, den Endpunkt der ideologischen Entwicklung der Menschheit und die universelle Ausbreitung der liberalen Demokratie westlicher Prägung als endgültige Regierungsform des Menschen Francis Fukuyama, „Das Ende der Geschichte“1 Während wir der Globalisierung huldigten, als definierende Kraft der internationalen Politik und der Weltwirtschaft, haben wir die vergangenen Jahre damit verbracht, Grabreden auf den Kommunismus, die Diktatur, sogar auf den Nationalstaat zu verfassen Die Globalisierung ist in der Tat die wichtigste Entwicklung, deren Fehleinschätzung Regierungen und Konzerne sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht leisten konnten Aber zwei der drei Grabreden sind verfrüht Der Kommunismus ist tot – obwohl die Kims in Nordkorea und die Castros in Kuba sich weigern, ihn zu begraben Nordkorea – dessen Wirtschaftsleistung ungefähr dem privaten Vermögen von Warren Buffett entspricht – überlebte bis jetzt, indem es seine Nachbarn mit apokalyptischen Drohungen erpresst Kuba kommt gerade so über die Runden, mithilfe eines Freundes in Venezuela, der über gre Mengen an Ưl verfügt Die Regierenden in China und Vietnam sind nur dem Namen nach Kommunisten Beide Länder sind nach wie vor Polizeistaaten, aber keine ihrer Regierungen ist den Lehrsätzen von Marx, Lenin oder Mao treu geblieben, aus denen sie einst ihre Legitimation schöpften In Indien fanden bis zu den Wahlen 2009 die örtlichen Kommunisten immer wieder genug Unterstützung in der Bevölkerung, um viele Reformen zur Liberalisierung der Märkte zu verhindern Hugo Chávez in Venezuela und Rafael Correa in Ecuador prahlen mit ihren sozialistischen „Revolutionen“, aber keiner der beiden hat viel mehr getan, als einige Schlüsselindustrien zu verstaatlichen In Nicaragua sahen sich die Sandinistas bei ihrem zweiten Anlauf zur Übernahme der Regierungsmacht gedrängt, ihren Frieden mit der Privatwirtschaft zu schließen Aber das deutlichste Zeichen für den Niedergang des Kommunismus lieferten die internationale Finanzkrise und die erste wirklich globale Rezession (2008 bis 2009) Viele Kommentatoren in aller Welt machten (zu Recht oder zu Unrecht) den freien, marktwirtschaftlich organisierten Kapitalismus nach amerikanischem Muster für diesen Zusammenbruch verantwortlich Wenn selbst das Chaos, das diese Krisen verursacht hat, es nicht schaffte, dem Leichnam des Kommunismus neues Leben einzuhauchen, ist kaum vorstellbar, wie das sonst gelingen könnte Der Kommunismus ist tot und wird nicht wiederauferstehen Über die Regierungsform der Diktatur lässt sich das jedoch kaum ernsthaft behaupten Im Jahre 1989, als die kommunistischen Staaten in Osteuropa einer nach dem anderen wie Dominosteine umfielen und Millionen chinesischer Studenten mutig ihre Regierung herausforderten, verfasste der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama ein provozierendes Essay, um eine erstaunliche Behauptung zu untermauern: dass nämlich die „Geschichte“ ihr Ende erreicht habe Er argumentierte, dass zwar die Form der Regierung von Land zu Land variieren könne und dass einige Länder erheblichen Aufholbedarf hätten, dass aber die Menschheit insgesamt sich auf einen Konsens über die Vorzüge der liberalen Demokratie zubewege Dort, wo autoritäre Regierungen sich an die Macht klammerten, würde der immer freiere Fluss von Gütern und Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskraft das Bedürfnis nach Informations-, Versammlungs- und Redefreiheit wecken – und nach Regierungen, die ihre Macht aus der Zustimmung der regierten Menschen ableiten Dies sei nicht nur das Ende des Kommunismus, sondern letztlich von jeder Form der Diktatur – und folglich auch von organisierten Auseinandersetzungen zwischen Ländern Fukuyamas Essay wurde schnell zum Gegenstand leidenschaftlicher Debatten Die repräsentative Demokratie hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten durchaus erhebliche Fortschritte gemacht, in den ehemals kommunistischen Ländern in Mittel- und Osteuropa, in weiten Teilen Lateinamerikas, in Indonesien und auch in Südafrika nach dem Ende der Apartheid Obwohl das Militär nach wie vor in der Innenpolitik der Türkei, Thailands und Pakistans eine wichtige Rolle spielt, haben heute alle drei Länder demokratisch gewählte Regierungen Indien ist seit über sechs Jahrzehnten die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt Die Demokratie hat echte Fortschritte gemacht in Ländern wie Mali über Malawi bis in die Mongolei, von Botsuana über Benin bis nach Bhutan Aber in China prallte 1989 der Ruf nach Demokratie schmerzlich gegen eine große Mauer, als friedliche Demonstrationen auf dem Tian’anmen-Platz (Platz des Himmlischen Friedens) durch einen Ausbruch staatlicher Gewalt beendet wurden Heute haben die 1,4 Milliarden Menschen in China mehr Freiheiten als je zuvor, wenn es darum geht, zu entscheiden, wie und wo sie leben wollen – aber nach wie vor haben sie nicht die Freiheit, das politische Machtmonopol der regierenden Partei direkt herauszufordern Nach den Unruhen der Ära Jelzin in den 1990er-Jahren konzentrierte Wladimir Putin die politische Macht in Russland in den Händen einiger weniger Abgesehen von Irak und Libanon gibt es kaum Anzeichen dafür, dass die Demokratie in einem arabischen Land auf dem Vormarsch wäre Im Iran hat die brutale Reaktion der Regierung auf die Protestdemonstrationen nach der Präsidentschaftswahl 2009 die Grenzen von Teherans Toleranz für Pluralismus aufgezeigt Hinzu kommen Nordkorea, Kuba, Burma, Weißrussland, die fünf zentralasiatischen Republiken und Dutzende andere: In all diesen Ländern sind staatliche Institutionen, die Gerichtsbarkeit und die Medien nicht etwa die Hüter persönlicher Freiheiten, sondern Instrumente staatlicher Macht Im Jahre 2008 stufte die gemeinnützige Organisation Freedom House 121 der 193 Länder der Welt als „repräsentative Demokratien“ ein, aber nur 90 von ihnen als „freie“ Länder Im selben Jahr klassifizierte der Demokratie-Index der Economist Intelligence Unit (EIU) nur 30 von 167 Ländern als „vollständige Demokratien“, 50 von ihnen als „Demokratien mit Mängeln“ und 87 Länder (in Danksagung Manchmal wird ein Buch von den Ereignissen überholt – in diesem Fall haben sie es eingeholt Ich hatte schon viel zu lange über der Idee vom Staatskapitalismus gebrütet, die zunehmende Bedeutung des Staates als Akteur in der Wirtschaft, die sich langsam, aber sicher seit Jahrzehnten entwickelt Wahrscheinlich war es diese Herausforderung, die ursprünglich meine Aufmerksamkeit fesselte und mich davon überzeugte, Erkenntnisse der Politikwissenschaft auf Wall Street und den privaten Sektor anzuwenden Aber eine globale Krise ist unübertroffen darin, die Konzentration zu schärfen – und einen Autor dazu zu bewegen, mit seiner Arbeit voranzukommen Viele Menschen waren unentbehrlich bei der Arbeit an Das Ende des freien Marktes, und ich stehe tief in ihrer Schuld An erster Stelle sind meine Kollegen von der Eurasia Group zu nennen, einer brillanten Gruppe von Politikwissenschaftlern, die sich für jede Ecke der Welt interessieren Unsere Analysten haben mir auf alle meine Fragen scharfsinnige Antworten gegeben und ich fühlte mich dabei immer wieder daran erinnert, wie privilegiert ich bin, mit ihnen zusammenzuarbeiten Ihnen allen danke ich von ganzem Herzen: Dan Alamariu, Erasto Almeida, Irmak Bademli, David Bender, Allyson Benton, Heather Berkman, Alex Brideau, Nick Consonery, Tanya Costello, Philippe de Pontet, Seema Desai, Patrick Esteruelas, Nancy Ferrante, Chris Garman, Bob Herrera-Lim, Jonas Horner, Kim Iskyan, Ana Jelenkovic, Robert Johnston, Daniel Kerner, Abraham Kim, David Kiu, Alexander Kliment, Cliff Kupchan, Maria Kuusisto, Jon Levy, Damien Ma, Kate Miller, Jun Okumura, Will Pearson, Wolfango Piccoli, Geoff Porter, Greg Priddy, Divya Reddy, Courtney Rickert, Scott Rosenstein, Hani Sabra, Ross Schaap, Sebastian Spio-Garbrah, Jenia Ustinova, Sean West und Valeria Zhavoronkina Auch Iku Fujimatsu und Laurel Donaldson danke ich für ihr Können und ihren unermüdlichen Einsatz Preston Keat und ich haben seit Jahren zusammengearbeitet und gemeinsam ein Buch über politische Risiken verfasst Damit wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben, lehren wir im Team an der Columbia University, wo wir in unseren Kursen ganz selbstverständlich solchen Problemen auf den Grund gehen John Green ist ein Intellektueller mit Bodenhaftung und ausgesprochen eigenwilligen Ansichten – eine Kombination, die ich sehr zu schätzen gelernt habe Ganz konkret ist er allzeit bereit, schwierige Probleme zu analysieren und sich in Diskussionen einzumischen Seit über zehn Jahren habe ich meine Ideen an David Gordon getestet, und jetzt werde ich in Vollzeit mit ihm zusammenarbeiten Es ist mir Ehre und Privileg zugleich, diese drei als Partner zu haben und von ihnen lernen zu können Dieses Buch hat mir den perfekten Vorwand geliefert, um mit dem geschätzten (und inzwischen zum Botschafter berufenen) Jon Benjamin zusammenzuarbeiten Wir haben beinahe ein Jahr lang sehr eng an diesem Projekt zusammengearbeitet, und für mich ist er untrennbar damit verbunden Es macht mich traurig, dass unsere Zusammenarbeit zu einem Ende kommen musste – er ist inzwischen zum britischen Botschafter in Chile berufen worden Mein Verlust ist der Queen Gewinn Nicht ganz so viel Glück hat Willis Sparks gehabt, der inzwischen seit fünf Jahren (und drei Büchern!) mit mir zusammenarbeitet Er ist eine unschätzbare Hilfe für mich und alle meine Kollegen und strebt mit grenzenloser Begeisterung danach, die Welt um uns herum besser zu verstehen Er sitzt etwa drei Schritte von meinem Schreibtisch entfernt Die bemerkenswert einfallsreiche Ksenia Tomilina hat mir bei vielen Recherchen sehr weitergeholfen – auch bei ihr bedanke ich mich ganz herzlich Mein Freund Jim Hoge von der Zeitschrift Foreign Affairs hat das Thema sofort aufgegriffen und vielfach seine Bedeutung betont, sodass ich an mehreren Gesprächen mit einigen der besten analytischen Köpfe teilnehmen konnte, um das entstehende Buch zu verbessern Während es allmählich Gestalt annahm, habe ich meine Ideen mit vielen Freunden diskutiert und ihnen die jeweils aktuelle Version des Manuskripts zu lesen gegeben Dafür danke ich Vint Cerf, Sam Di Piazza, Bill Emmott, Catherine Fieschi, David Fromkin, Ken Griffin, Harry Harding, Ho Ching, Adi Ignatius, Art Kleiner, Sallie Krawcheck, Scott Malcomson, Steve Mann, Maziar Minovi, Mary Pang, Niko Pfund, Juan Pujadas, Joel Rosenthal, Nouriel Roubini, Kirsten Sandberg, Tad Sano, Marci Shore, Tom Stewart, Nick Thompson, Antoine van Agtmael und Enzo Viscusi Auch George Will hat wertvolle Anregungen beigesteuert Die Kollegen bei meinem US-Verlag Portfolio schätze ich sehr Ich hatte das Glück, mit der hervorragenden Lektorin Courtney Young zusammenarbeiten zu kưnnen – sie ist aerordentlich klug und umsichtig, und so gut wie alle ihre Vorschläge haben das Buch besser gemacht Ich danke ihr Adrian Zackheim und ich haben schon seit geraumer Zeit immer wieder darüber gesprochen, dass wir zusammen Bücher machen wollen Er ist sehr smart, sachlich und in gewisser Hinsicht ein bisschen schrullig Außerdem ist er leicht reizbar, was ich ausgesprochen liebenswert finde Den Leuten in meinem Büro, die wissen, wie man ein Buch zu einem Erfolg macht, danke ich ganz herzlich für ihre Regie: Mariah Kunkel, Alex Lloyd, Jenna Rosebery und Jennifer Swetzoff Wenn ich diese Danksagung fertiggestellt habe, wird der grưßte Teil ihrer schwierigen Arbeit erst beginnen Und schließlich geht meine Liebe an Ann Shuman, die so häufig mein unleidliches Wesen erträgt Und an meinen Lieblingsbruder Robert Coolbrith Sie beide sind brillant und anbetungswürdig, und sie hätten in diesem Buch öfter Erwähnung gefunden, wenn mein Stilgefühl das nicht untersagt hätte Anmerkungen Kapitel 1 Francis Fukuyamas Essay „The End of History“ erschien im National Interest, Sommer 1989, und wurde zu seinen Büchern The End of History und The Last Man (New York: Free Press, 1992) erweitert [Deutsche Ausgaben: Das Ende der Geschichte, München: Kindler, 1992, und Das Ende des Menschen, München: dva, 2002.] Der Demokratie-Index 2008 der Economist Intelligence Unit definiert Demokratie wie folgt: „Demokratie kann als eine Reihe von Praktiken und Prinzipien angesehen werden, die Freiheit institutionalisieren und letztlich schützen Obwohl ein Konsens über genaue Definitionen sich als schwer erreichbar erwiesen hat, sind sich heute die meisten Beobachter darüber einig, dass eine Demokratie zumindest die folgenden Merkmale aufweist: eine Regierung, die auf dem Willen der Mehrheit und der Zustimmung der Regierten basiert, regelmäßig stattfindende, freie und gerechte Wahlen sowie Schutz der Rechte von Minderheiten und Achtung der grundlegenden Menschenrechte Demokratie setzt Gleichheit vor dem Gesetz, eine rechtsstaatliche Justiz und politischen Pluralismus voraus.“ Vereinte Nationen, Human Development Report 1993 (New York: Oxford University Press) Kenichi Ohmae, The End of the Nation State: The Rise of Regional Economies (New York: Simon & Schuster, 1995), S 12 [Deutsche Ausgabe: Der neue Weltmarkt: das Ende des Nationalstaates und der Aufstieg der regionalen Wirtschaftszonen, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1996.] Donald McIntyre, „North Korea: A Nation in the Dark“, Time, http://www.time.com/time/world/article/0,8599,366219,00.html Manche regionalen Organisationen haben mehr erreicht als andere Die Caribbean Community (Caricom) und das Pacific Island Forum versetzen eine Vielzahl von Kleinststaaten in die Lage, bei gewissen Fragen, die ihnen wichtig sind, auf der internationalen Bühne oberhalb ihrer Gewichtsklasse zu boxen Seit 40 Jahren hat der Antarktisvertrag auf dem einzigen unbewohnten Kontinent der Welt die Stationierung von Militär verhindert und wissenschaftliche Zusammenarbeit gefördert Die Gulf Cooperation Council hat es sechs arabischen Ländern ermöglicht, einen effektiven gemeinsamen Markt für Güter und Dienstleistungen zu entwickeln Dennoch hat keine dieser Organisationen die Souveränität ihrer Mitgliedsländer untergraben Zu den besten neueren Reportagen über Chinas System der Zensur zählen Rebecca MacKinnon, „China’s Censorship 2.0: How Companies Censor Bloggers“, First Monday blog, Vol 14, Nr vom 02.02.2009; Race to the Bottom: Corporate Complicity in Chinese Internet Censorship, Human Rights Watch, 8/2006; und Journey to the Heart of Internet Censorship, Reporters Without Borders, 10/2007 Naomi Klein, No Logo (Toronto: Knopf, 1999), S xxiii [Deutsche Ausgabe: No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht Ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern, München: Riemann, 2001.] 10 11 12 13 14 15 16 17 Sarah Anderson und John Cavanagh, The Top 200: The Rise of Corporate Global Power (Washington, DC: Institute for Policy Studies, 12/2000), basiert auf Daten der Zeitschrift Forbes Frances Maguire, „The New Masters of the Universe“, Banker, 02.01.2006 United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), World Investment Report 2008: Transnational Corporations and the Infrastructure Challenge (New York/Genf) Diese Kritiker hatten jede Menge eindringliche Geschichten, um ihren Vorwürfen Nachdruck zu verleihen: Die Union-Carbide-Chemiefabrik im indischen Bhopal, aus der im Dezember 1984 aufgrund technischer Pannen tonnenweise Giftgas entwich, das in den darauffolgenden Jahren mehrere Tausend Menschen tưtete; die Exxon-Valdez-Ưlkatastrophe, die im März 1989 am Prinz-William-Sund an der Küste Alaskas verheerende Umweltschäden anrichtete; die angebliche Beschäftigung von schlecht bezahlten und behandelten Arbeitern, sogar Kindern, in Schuhfabriken in Ländern wie Pakistan, Bangladesch, Indonesien und Vietnam, wo Schuhe für Nike, Puma, Reebok und Adidas hergestellt wurden; Philip Morris’ angeblich aggressive Vermarktung krebserzeugender Zigaretten in Entwicklungsländern; sowie die Weigerung großer Pharmahersteller, die Herstellung billiger Reproduktionen patentierter HIV/AIDS-Medikamente in afrikanischen Ländern zuzulassen, die sie wahrscheinlich am dringendsten brauchen Diese und viele andere Fälle brachten etliche Unternehmen dazu, riesige Beträge an Schadensersatz zu zahlen und neue Vorschriften und Verfahren einzuführen Siehe World Investment Report 2008 der UNCTAD und Peter F Drucker, „Trading Places“, National Interest, Frühjahr 2005 Antoine van Agtmael, The Emerging Markets Century: How a New Breed of World-Class Companies Is Overtaking the World (New York: Free Press, 2007) [Deutsche Ausgabe: Das Zeitalter der Emerging Markets: Das sind die Marktführer der nächsten Jahrzehnte, Kulmbach: Börsenmedien AG, 2010.] Aus Bill Clintons Regierungserklärung zur Lage der Nation 1996, http://clinton4.nara.gov/WH/New/other/sotu.html Der Washington Consensus umfasst drei wichtige Leitlinien: fiskalische Disziplin und Haushaltsdisziplin; eine Marktwirtschaft mit Eigentumsrechten, freien Wechselkursen, Privatisierung und Deregulierung; sowie Öffnung gegenüber der Weltwirtschaft durch Liberalisierung von Handel und ausländischen Direktinvestitionen Global 2000-Rangliste der Zeitschrift Forbes für 2008 Kapitel 18 Adam Smith, The Wealth of Nations (1776; New York: Modern Library, 1994), Buch 4, Kapitel 2, S 484–485 [Zitierte deutsche Ausgabe: Der Wohlstand der Nationen, München: dtv, 1978, S 371.] 19 Quelle: Theorie der ethischen Gefühle, Felix Meiner, Hamburg 2010, S 20 Im Laufe der Savings-and-Loan-Krise in den 1980er- und frühen 90er-Jahren musten über 1.000 Sparkassen Konkurs anmelden, wodurch der US-Regierung Kosten in Höhe von mindestens 125 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Milliarden Dollar entstanden Die 1711 gegründete South Sea Company erfreute sich eines Monopols über den britischen Handel mit den spanischen Kolonien in Südamerika und der Pazifikregion Im Jahre 1720 stieg der Kurs ihrer Aktie in gut sechs Monaten um 800 Prozent, als den Inhabern von Staatsanleihen angeboten wurde, ihre Anleihen zu einem besonders günstigen Kurs gegen Aktien des Unternehmens umzutauschen Im restlichen Verlauf des Jahres 1720 fiel die Aktie dann wieder um 90 Prozent und beendete das Jahr zum gleichen Kurs wie im Januar – allerdings erst, nachdem sie viele Späteinsteiger ruiniert hatte Im selben Jahr führte eine ähnliche Spekulationsblase, die Mississippi Bubble, zum Absturz des Aktienkurses der französischen Louisiana Company, der im vorangegangenen Jahr um 3.600 Prozent gestiegen war Diesen ersten beiden auf Aktien basierenden Spekulationsblasen war beinahe ein Jahrhundert zuvor die Tulpenmanie in den Niederlanden vorausgegangen, in deren Verlauf Tulpenzwiebeln für eine kurz Zeit mit Gold aufgewogen wurden, bevor ihr Preis im Februar 1637 kollabierte Alle drei Blasen wurden erstmals 1841 von Charles Mackay beschrieben, in seinem Buch Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds (1841; New York: Harmony Books, 1980) [Deutsche Ausgabe: Zeichen und Wunder: aus den Annalen des Wahns, Frankfurt am Main: Eichborn, 1992.] Die zugänglichste Referenz für Wilhelm Liebknechts Verwendung dieses Begriffs findet sich hier: http://www.marxists.org/archive/liebknecht-w/1896/08/our-congress.htm Ludwig von Mises, Die Gemeinwirtschaft: Untersuchungen über den Sozialismus, Jena: Fischer, 1932 Leo Trotzki, The Revolution Betrayed: What Is the Soviet Union and Where Is It Going?, übersetzt von Max Eastman (New York: Dover, 2004), Kapitel 9, http://www.marxists.org/archive/trotsky/1936/revbet/ch09.htm [Deutsche Ausgabe: Verratene Revolution, Zürich: Veritas, 1957, http://marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1936/verrev/index.htm] Murray N Rothbard, „A Future of Peace and Capitalism“ in Modern Political Economy, Hrsg James H Weaver (Boston: Allyn & Bacon, 1973), Kapitel 28, S 419–430, http://mises.org/story/1559 „Military-Industrial Complex Speech, Dwight D Eisenhower, 1961“, http://coursesa.matrix.msu.edu/~hst306/documents/indust.html Selbst in Costa Rica, das keine eigenen Streitkräfte unterhält, betreibt die Regierung ein Ministerium für öffentliche Sicherheit, dem eine zivile Einsatztruppe untersteht – eine Art Spezialpolizei, zu deren Aufgaben es zählt, Drogenschmuggel und andere Verbrechen zu bekämpfen Das Ministerium ist verantwortlich für den Schutz der territorialen Souveränität des Landes Diese Definition stammt von Laura LaHaye, sie ist enthalten in der Concise Encyclopedia of Economics, Library of Economics and Liberty, http://www.econlib.org/library/Enc/Mercantilism.html Während der Englisch-Spanischen Kriege zwischen 1585 und 1604 fanden Waffengänge nicht 30 31 32 33 34 35 36 nur in englischen und spanischen Häfen oder auf dem dazwischenliegenden Meer statt (hier ist besonders Sir Francis Drakes Sieg über die Spanische Armada im Jahre 1588 zu erwähnen), sondern auch dort, wo sich heute Florida, Puerto Rico, die Dominikanische Republik und Panama (wo Drake starb) befinden Der Merkantilismus war ein immanent protektionistisches System, aber individuelle Loyalität war ein ausgesprochen käufliches Gut Denn immerhin war es der Engländer Henry Hudson, ein früher Weltbürger, der heimlich für die Holländer arbeitete, der vor gut 400 Jahren nach New York segelte und die Einverleibung des Territoriums, aus dem später die Vereinigten Staaten hervorgehen sollten, in das frühe Imperium der Merkantilisten in Gang setzte Auch bei anderen Gelegenheiten vergab die britische Krone oder Regierung ähnliche Handelsmonopole an Aktiengesellschaften im Privateigentum So hielt zum Beispiel die Muscovy Company, vielleicht die erste Aktiengesellschaft der Welt (1555 gegründet), das Monopol auf den Handel mit dem Großfürstentum Moskau und den Walfang; die Hudson Bay Company (1670) hatte ein Monopol auf den „Indian trade“ („Handel mit Indianern“), hauptsächlich mit Pelzen, in Britisch-Kanada; und die South Sea Company (1711) hielt ein Monopol auf den Handel mit den spanischen Kolonien in Südamerika „So hängt beispielsweise Großbritanniens Schutz nach außen sehr stark von der Anzahl seiner Seefahrer und seiner Schiffe ab Der Navigationsakt hat daher ganz folgerichtig zum Ziel, den britischen Seefahrern und ihren Schiffen ein Monopol im englischen Handel einzuräumen.“ Ferner schrieb Smith: „Es ist wichtig, d das Kưnigreich für die Güter, die zu seiner Verteidigung notwendig sind, möglichst unabhängig von seinen Nachbarn ist.“ Adam Smith, The Wealth of Nations (1776; New York: Modern Library, 1994), Buch 4, Kapitel 2, S 24 und Buch 5, Kapitel 5, S 36 [Zitierte deutsche Ausgabe: Der Wohlstand der Nationen, München: dtv, 1978, S 377.] Hume schrieb: „Wo ein offener Austausch zwischen den Nationen bewahrt wird, ist es schlechterdings unmöglich, dass die Industrie eines jeden Landes nicht von den Fortschritten in jedem anderen Land profitiert.“ David Hume, „The Jealousy of Trade“, The Philosophical Works of David Hume (London: Tait, 1826), Vol 3, S 369 Hume bezeichnete auch den merkantilistischen Ansatz, Handelsüberschuss sei gut, Handelsdefizit dagegen schlecht, als „engstirnige und bösartige Haltung“, der den Produzenten nütze, aber den Verbrauchern schade Alexander Hamilton erklärte seine pro-merkantilistische Philosophie in „The Report on Manufactures“, den er im Dezember 1791 dem US-Kongress präsentierte Als er für einen Abgeordnetensitz in der State Assembly („Landtag“) von Illinois kandidierte, sagte Lincoln: „Meine Politik ist ganz einfach … Ich befürworte ein System der internen Verbesserungen und einen hohen Schutzzoll.“ Norton Garfinkle, The American Dream vs the Gospel of Wealth: The Fight for a Productive Middle-Class Economy (New Haven, CT: Yale University Press, 2007), S 34 Lincoln hatte Zweifel am Nutzen des Außenhandels für die Wirtschaft und sorgte sich um die „nutzlose Arbeit“, die geleistet werden müsse, um Güter von einem Land in ein anderes zu transportieren John Maynard Keynes, The General Theory of Employment, Interest and Money (Amherst, NY: 37 38 39 40 Prometheus Books, 1997), Kapitel 23: „Notes on Mercantilism“ [Deutsche Ausgabe: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, München/Leipzig: Duncker & Humblot, 1936.] World Trade Organization Website, http://www.wto.org/English/thewto_e/whatis_e/tif_e/fact3_e.htm World Trade Organization, International Trade Statistics, 2008 Ende 2009 waren 153 der 194 unabhängigen Länder der Welt Vollmitglieder der Welthandelsorganisation Die Nichtmitglieder mit den grưßten Volkswirtschaften waren Russland, Iran und Kasachstan Der Europäischen Kommission zufolge entfielen in den Jahren 2008 und 2009 etwa 43 Prozent des gesamten EU-Haushalts (etwa 55 Milliarden von insgesamt knapp 117 Milliarden Euro) auf die gemeinsame Agrarpolitik der EU Dieser Wert ist allerdings seit 1980 beträchtlich gesunken; damals betrug er noch 75 Prozent des Gesamthaushalts (der allerdings erheblich kleiner war) Die Landwirte in Frankreich, Spanien und Deutschland sind die Empfänger der höchsten Beihilfen in absoluten Beträgen, während Griechenland und Irland die meisten Subventionen pro Einwohner erhalten Heute sind weniger als fünf Prozent der EU-Bürger im Landwirtschaftssektor beschäftigt – ein Durchschnittswert aus einem Bereich von etwa 18 Prozent in Polen bis unter zwei Prozent in Schweden Kapitel 41 Der französische Präsident hielt seine Rede vor dem internationalen Kongress New World, New Capitalism, in Paris am Januar 2009 Damit vollzog Sarkozy eine Kehrtwende: Im Mai 2007 war er aufgrund eines konservativen Programms gewählt worden, in dem er Steuersenkungen, weniger Bürokratie und Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst versprochen hatte 42 Die Spekulationsblase von 2007 entstand – wie schon so viele vor ihr – aus einer enormen Überschätzung der zugrunde liegenden Vermögenswerte Der Begriff Hyperkapitalismus bezieht sich auf eine Situation, in der sich ein unregulierter Markt überhitzt, in einer Welle ungehemmter, aber irrationaler Begeisterung Bei solchen Gelegenheiten wird irrtümlich angenommen, dass Geld – und nicht etwa Wohlstand – mehr Wohlstand erzeugt, dass Finanzunternehmen freie Hand haben sollten, mit möglichst wenig staatlicher Einmischung monetäre Werte zu schaffen, und dass neue monetäre Werte nicht durch entsprechende Produktivitätszuwächse in der Realwirtschaft besichert sein müssten 43 Die Aufgaben des MITI wurden 2001 von dem neu geschaffenen Ministry of Economy, Trade and Industry (METI) übernommen 44 Dieser Aufstieg vom MITI in das Amt des Ministerpräsidenten war als amakudari oder „Abstieg vom Himmel“ bekannt 45 Die skandinavischen Länder erringen regelmäßig Spitzenplätze in den jährlich ermittelten Human Development Indexes, in denen Durchschnittswerte für die jeweilige Bevölkerung erfasst werden, und zwar für Einkommen, Lebenserwartung und andere Gesundheits-Frühindikatoren, Alphabetisierungsgrad, Bildungserfolg sowie andere Faktoren, aus denen Kennzahlen für die 46 47 48 49 50 51 52 Lebensqualität in verschiedenen Ländern ermittelt werden Außerdem werden Daten des GiniIndex berücksichtigt, der das Ausmaß der wirtschaftlichen Ungleichverteilung in jedem untersuchten Land ermittelt Human Development Reports, http://hdr.undp.org/en/statistics Der Begriff Dirigismus wurde von Jean-Baptiste Colbert geprägt, der unter Ludwig XIV in der zweiten Hälfte des 17 Jahrhunderts als Finanzminister diente Colbert war ein bedeutender Befürworter des in Kapitel beschriebenen Merkantilismus Ein Beispiel ist der Automobilhersteller Renault, einer der wenigen gren franzưsischen Industriekonzerne, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden Das Unternehmen wurde 1945 verstaatlicht, und zwar unter anderem, weil sein damaliger Eigentümer Louis Renault der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt wurde Renault wurde 1994 wieder privatisiert, wenn auch der französische Staat mit einem Anteil von 15 Prozent nach wie vor der grưßte Aktionär ist Zum Beispiel enthielt Artikel des Parteiprogramms der britischen Labour Party von 1917 bis 1995 folgendes politisches Ziel: „Den Arbeitern, die kưrperlich oder geistig arbeiten, die gesamten Früchte ihres Fleißes zu sichern, und die möglichst gerechte Verteilung derselben, die auf der Basis des kollektiven Besitzes der Produktionsmittel, der Verteilung und des Handels möglich sein kann, und das beste zu erreichende System der öffentlichen Verwaltung und Kontrolle jedes Industrie- oder Dienstleistungsbetriebes zu schaffen.“ Das wurde als Bekenntnis zu einer „langsamen Bootsfahrt in den Kommunismus“ gedeutet Unter Tony Blair wurde diese Klausel geändert, um sich stärker einem sozialdemokratischen statt sozialistischem Standpunkt anzunähern Der neue Artikel spricht von der Notwendigkeit, „… für jeden Einzelnen von uns die Mittel zu schaffen, sein wahres Potenzial zu verwirklichen, und für uns alle eine Gesellschaft, in der Macht, Wohlstand und Chancen in den Händen von vielen liegen, nicht in den Händen von wenigen …“ BBC News, „Q&A: Singapore Elections“, 05.05.2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/asiapacific/976536.stm Große Preisschwankungen waren nicht nur das Markenzeichen der OPEC-Ölkrisen Während des Ersten Golfkriegs stieg der Ölpreis pro Fass zwischen Juli und November 1990 um mehr als das Doppelte, bevor er sich bis Februar 1991 wieder halbierte (von 15 auf 35 Dollar und wieder zurück auf 18 Dollar) Zwischen März 1994 und Oktober 1996 verdoppelte sich der Ölpreis beinahe, nahm bis Juni 1998 aber wieder um die Hälfte ab (von 13 auf über 25 Dollar und wieder zurück auf unter zwölf Dollar) Im Dezember 1998 sackte er kurz unter zehn Dollar, um sich dann bis August 1999 auf 20 Dollar zu verdoppeln Zwischen September 2003 und Juli 2008 stieg der Ölpreis von 27 auf 144 Dollar pro Fass, um dann wieder auf unter 40 Dollar im Dezember 2008 zu fallen Diese Zahlen entsprechen den Preisen für die Ölsorte Brent Crude, die von der Energy Information Agency (EIA) der US-Regierung erfasst wurden Diese und die unmittelbar darauf folgenden Daten sind zusammengefasst aus den von der International Energy Agency und der EIA veröffentlichten Zahlen Diese zugrunde liegenden Daten fassen wiederum Schätzungen von BP, dem Oil and Gas Journal, der Zeitschrift World 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 Oil und CEDIGAZ zusammen Die jährlich erscheinende Statistical Review of World Energy der Zeitschrift BP, Juni 2008 In über 50 Jahren Forschung zur Kernfusion ist es nicht gelungen, ein Experiment zu entwickeln, das um eine Grưßenordnung mehr Energie erzeugt, als es verbraucht Es bleibt abzuwarten, ob erschwingliche, nachhaltige, saubere und unerschöpfliche Energie aus Kernfusion bis Mitte des 21 Jahrhunderts eine reale Möglichkeit ist – oder ob sie für immer ein von Science-FictionGeschichten inspirierter Wunschtraum bleiben wird Von PetroStrategies, Inc., Zitat aus dem Oil and Gas Journal, 15.09.2008, www.petrostrategies.org/Links/Worlds_Largest_Oil_and_Gas_Companies_Sites.htm Diese Zahlen summieren die bekannten Öl- und Erdgasreserven; die meisten dieser Staatsunternehmen besitzen beides Die hier verwendete Formel besagt, dass 165,7 Milliarden Kubikmeter Erdgasreserven einer Million Fässer Öl entsprechen Fariborz Ghadar, „Iran at the Crossroads“, Center for Strategic & International Studies, 10.07.2009, http://csis.org/publication/iran-crossroads Roger Stern, „The Iranian Petroleum Crisis and United States National Security“, Proceedings of the National Academy of Sciences 104, Nr (02.01.2007), S 377–382 Stern kam zu der Schlussfolgerung, dass die Annahme der USA, der Iran würde keine zivile Atomkraft brauchen, falsch sei Ob nun Irans Atomprojekte lediglich eine Tarnung für ein Waffenprogramm sind oder nicht – Stern fand heraus, dass die Produktion der iranischen Öl- und Gasindustrie so stark zurückgeht, dass sie eines Tages nicht einmal mehr in der Lage sein wird, den heimischen Bedarf zu decken Zahlen der International Energy Agency zufolge fiel die Ölproduktion Venezuelas von 2,56 Millionen Fässern pro Tag im Jahre 2005 auf 2,18 Millionen Fässern pro Tag Anfang 2009 StatoilHydro entstand 2007 aus der Zusammenführung der Öl- und Gasreserven, die vorher von Statoil und Norsk Hydro separat gemanagt wurden Die nationalen Ölkonzerne etlicher arabischer Länder am Persischen Golf können es sich nach wie vor leisten, sich auf die immer noch enormen heimischen Reserven zu konzentrieren, so zum Beispiel Saudi Aramco, die Abu Dhabi National Oil Company und die Kuwait Petroleum Corporation Siehe Daniel Yergin’s The Prize: The Epic Quest for Oil, Money and Power (New York: Simon & Schuster, 1991) Der bolivianische Vizepräsident Álvaro García Linera in einem Interview mit dem Christian Science Monitor, 27.03.2007 Zunehmender Rohstoff-Nationalismus zu Zeiten hoher Preise ist als „Paradox des Überflusses“ bezeichnet worden Beispiele finden sich in Terry Lynn Karls Buch The Paradox of Plenty: Oil Booms and Petro-States (Berkeley: University of California Press, 1997) Die anderen wichtigen Uranproduzenten der Welt sind Russland, Kanada, Australien, Niger und Namibia Die Nuclear Energy Agency der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) und die International Atomic Energy Agency schätzten 2007, dass in Anbetracht der bekannten Reserven und des erwarteten Verbrauchs die weltweiten 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 Uranvorkommen für weitere 100 Jahre reichen sollten – deutlich länger als die plausibelsten Schätzungen für Öl und Gas Der IWF definiert Staatsfonds als „zweckgerichteten Investmentfonds oder anderes Arrangement im Besitz der Regierung Staatsfonds werden von der Regierung zu makroökonomischen Zwecken geschaffen und besitzen, managen oder verwalten Vermögenswerte, um finanzielle Ziele zu erreichen Sie setzen eine Reihe von Investmentstrategien ein, zu denen auch Investitionen in ausländische Anlageprodukte zählen Staatsfonds werden normalerweise aus Zahlungsbilanzüberschüssen, offiziellen Devisentransaktionen, Privatisierungserlösen, Überschüssen aus Steuereinnahmen und/oder Erlösen aus Rohstoffexporten finanziert.“ Der Begriff sovereign wealth fund wird Andrew Rozanov von State Street Global Advisors zugeschrieben, der ihn verwendete in seinem Artikel „Who Controls the Wealth of Nations?“, Central Banking Journal 15, Nr 4, 11/2005, S 52–57 „Fund Rankings“, Sovereign Wealth Fund Institute, http://www.swfinstitute.org/funds.php Der wichtigste SWF-Transparenz-Index scheint das zu bestätigen Das Sovereign Wealth Fund Institute stuft SWFs nach dem Linaburg-Maduell Transparency Index ein Weitere Belege für den Zusammenhang zwischen Regierungs- und SWF-Transparenz (oder sein Fehlen) finden sich in Edwin M Trumans Strategiepapier Sovereign Wealth Funds: The Need for Greater Transparency and Accountability für das Peterson Institute of International Economics, Washington, DC, 8/2007 Gelegentlich ist zu hören, Temasek sei gar kein Staatsfonds; aber das Kapital des Unternehmens gehört dem Staat, und die Regierung ernennt sein Führungspersonal Allerdings investiert Temasek einen grưßeren Teil seines Geldes im Inland als jeder andere große Staatsfonds Laut Sovereign Wealth Fund Institute und International Financial Services London, die täglich die Nachrichten aus der Welt der SWFs sammeln und auswerten Emily Thornton und Stanley Reed, „Inside the Abu Dhabi Investment Authority“, BusinessWeek, 06.06.2008, http://www.businessweek.com/globalbiz/content/jun2008/gb2008065_742165.htm ADIA erwarb Mitte 2007 einen Anteil von zehn Prozent an Apollo Management und von 20 Prozent an Ares Management Mubadala, ein zweiter Abu-Dhabi-SWF, kaufte gleichzeitig 7,5 Prozent der Carlyle Group, während International Capital, einer der zwei Dubai-SWFs, einen Anteil von zehn Prozent an Och-Ziff erwarb International Working Group of Sovereign Wealth Funds, Sovereign Wealth Funds: Generally Accepted Principles and Practices – „Santiago Principles“, 10/2008, http://www.iwgswf.org/pubs/eng/santiagoprinciples.pdf Zu den strauchelnden westlichen Grbanken, welche die grưßten Kapitalspritzen von SWFs erhielten, zählten die Citigroup, die 6,8 Milliarden Dollar von der singapurischen Government Investment Corporation (GIC) bekam, 7,6 Milliarden von Abu Dhabi und 7,7 Milliarden von der Kuwait Investment Authority (KIA) – insgesamt etwa 13,5 Prozent des Marktwertes der Bank zu diesem Zeitpunkt; die Merrill Lynch, die fünf Milliarden von der singapurischen Temasek erhielt, 3,4 Milliarden von der kuwaitischen KIA und zwei Milliarden von der South Korea 75 76 77 78 79 80 81 82 Investment Corporation, was insgesamt 22,5 Prozent des Marktwertes der Bank entsprach; die UBS, die 9,8 Milliarden von der singapurischen GIC und 1,8 Milliarden von der Saudi Arabian Monetary Agency erhielt, was insgesamt 10,6 Prozent des Marktwertes der Bank entsprach; und die Morgan Stanley, die von der China Investment Corporation fünf Milliarden Dollar erhielt, was 9,9 Prozent ihres Marktwertes entsprach Summa summarum injizierten SWFs zwischen März und Juni 2008 über 60 Milliarden Dollar in westliche Banken im privaten Besitz Die Schätzungen des Council on Foreign Relations liegen am unteren Ende des Bereichs der geschätzten Werte der großen Staatsfonds in den VAE Anfang 2009 meinte der CFR, diese Fonds hätten einen Wert von weniger als der Hälfte der großzügigsten Schätzungen, lägen also im Bereich zwischen 300 und 500 Milliarden Dollar statt bis zu 950 Milliarden Mutmaßungen des CFR zufolge hatten die VAE-Fonds im großen Umfang an den globalen Aktienmärkten investiert und verloren daher im Laufe des Jahres 2008 bis zu 40 Prozent ihres Nettovermögens Brad Setser und Rachel Ziemba, GCC Sovereign Funds: Reversal of Fortune, Council on Foreign Relations Center for Geoeconomic Studies, 1/2009 Das russische Finanzministerium bewertete Ende 2008 den Reserve Fund mit 136 Milliarden Dollar und den National Welfare Fund mit 84 Milliarden Obwohl es sich hierbei formal um einen Sozialhilfefonds handelt, wird er als Staatsfonds klassifiziert, da er in devisennotierte, ausländische, mit einem gewissen Risiko behaftete Werte investiert hat Zahlen aus Sovereign Wealth Funds: A Work Agenda, Internationaler Währungsfonds, 2/2008 Der IWF wies darauf hin, dass das Gesamtvermögen aller Staatsfonds in den Jahren 2003 bis 2007 um etwa 25 Prozent pro Jahr zugenommen hat, dass darin jedoch eine Welle von FondsNeugründungen enthalten war sowie ein Boom von Rohstoffpreisen und Aktienkursen, die dann jedoch wieder erheblich sanken Die OPEC war im September 1960 auf einer Konferenz in Bagdad gegründet geworden, an der sieben arabische Ölerzeugerländer und der Iran, Ecuador, Indonesien, Nigeria, Angola und Venezuela teilnahmen Sie wurde unter anderem aufgrund von Frustrationen über den Umstand ins Leben gerufen, dass die westlichen internationalen Ölkonzerne praktisch die Ölpreise und Fördermengen festlegten Die Regierungen der ölreichen Länder wollten diese Mechanismen selbst kontrollieren Das Akronym BRIC wurde von Jim O’Neill geprägt, und zwar im Goldman Sachs Global Economic Group Paper No 60, „Building Better Global Economic BRICs“, 11/2001 Goldman Sachs’ Prognosen für die BRIC-Länder und andere Schwellenländer wurden von Dominic Wilson und Roopa Purushothaman nach oben revidiert, siehe „Dreaming with BRICs: The Path to 2050“, Global Economics Paper No 99, 10/2003, und noch einmal aufwärts in BRICs and Beyond, 11/2007, http://www2.goldmansachs.com/ideas/brics/book/BRIC-Full.pdf Für unsere Zwecke bezieht sich der Begriff Etatismus auf eine Konzentration wirtschaftlicher Kontrollen und Planungen in den Händen einer häufig extrem zentralisierten Regierung Er kann ein definierendes Element sowohl kommunistischer als auch faschistischer Regime sein „Medvedev Confident in His Bank Accounts Despite Crisis“, Agence France Presse, 29.10.2008, http://afp.google.com/article/ALeqM5jJGwiNtdVPcD3GapKrTdLV1AGdlw Kapitel 83 Andrew Hammond, „Saudi’s Economic Cities Under Pressure to Deliver“, Reuters, 20.08.2008, http://www.reuters.com/article/inDepthNews/idUSL1910285120080820?sp=true 84 King Abdullah Economic City, http://www.kingabdullahcity.com/en/AboutKAEC/VisionOfTheCity.html 85 „The World’s Billionaires: #19 Prince Alwaleed Bin Talal Alsaud“, Forbes, 05.03.2008, http://www.forbes.com/lists/2008/10/billionaires08_Prince-Alwaleed-Bin-TalalAlsaud_0RD0.html 86 Frank Kane, „Dubai’s New Energy Bodies Have Work Cut Out“, VAE National, 01.09.2009, http://www.thenational.ae/apps/pbcs.dll/article? AID=/20090901/BUSINESS/709019950/1058&template=columnists 87 „New UAE Media Censorship Law Sparks Criticism“, Press TV (iranische Nachrichtenagentur), 15.04.2009, http://www.presstv.com/detail.aspx? id=91435§ionid=351020205 88 Lionel Laurent, „Beware an Abu Dhabi Exposé“, Forbes, 27.08.2009, http://www.forbes.com/2009/08/27/davidson-abu-dhabi-markets-econ-censorship.html 89 Die Sanpaolo IMI, später Banca Intesa 90 Catrina Stewart, „Russian Regional Governor Said ArcelorMittal Could Lose Coal Mines“, Breaking News 24/7, 10.07.2009, http://blog.taragana.com/n/russian-regional-governor-saidarcelormittal-could-lose-coal-mines-105670 91 Working Group on Privatization and Corporate Governance of State Owned Assets, „State Owned Enterprises in India: Reviewing the Evidence“, Organisation for Economic Co-operation and Development, 26.1.2009, basiert auf Arbeit von Professor Ram Kumar Mishra 92 Ibd., S 93 Sie wurden navratna genannt, weil es ursprünglich nur neun solche Unternehmen waren 94 Nach südafrikanischem Recht schließt das Wort schwarz auch südafrikanische Bürger ein, die chinesischer, indischer oder gemischter Abstammung sind 95 Fortune Global 500, 2009, http://money.cnn.com/magazines/fortune/global500/2009/full_list 96 Fareed Zakaria, „Meeting with World Leaders at the United Nations“, CNN, 28.09.2008, http://transcripts.cnn.com/TRANSCRIPTS/0809/28/fzgps.01.html 97 David Lague, „China Corners Market in a High-Tech Necessity“, New York Times, 22.01.2006, http://www.nytimes.com/2006/01/22/business/worldbusiness/22iht-rare.html? _r=1&pagewanted=print 98 Dan Levin, „In China, a Rocky Ascent for Basketball“, New York Times, 22.07.2009, http://www.nytimes.com/2009/07/23/sports/basketball/23basketball.html 99 Die SOEs, die am stärksten von solchen Anreizen profitiert haben, sind Unternehmen der neun „krisengeschüttelten“ Branchen, die aus strategischen Gründen unterstützt werden: Elektronik, Petrochemie, Metallurgie, Stahl, Automobile, Leichtindustrie, Textilien, Schiffbau und Telekommunikation 100 „Schott’s Vocab: Guo Jin Min Tui“, New York Times, 26.03.2009, http://schott.blogs.nytimes.com/2009/03/26/guo-jin-min-tui Kapitel 101 Elaine Wu, „China’s Presence Increasingly Important in Cooling the World’s Hot Spots“, USChina Today, University of Southern California US-China Institute, http://uschina.usc.edu/article@usct? chinas_presence_increasingly_important_in_cooling_the_worlds_hot_spots_11965.aspx 102 Die Formulierung „der Aufstieg der Anderen“ wurde von Fareed Zakaria geprägt, und zwar in seinem Buch The Post-American World (New York: Norton, 2008) [Deutsche Ausgabe: Der Aufstieg der Anderen: Das postamerikanische Zeitalter, München: Siedler, 2009.] 103 Karl-Heinz Büschemann, „The ‚Dumbest Idea in the World‘: Jack Welch, the Figurehead of Shareholder Value, Disowns His Doctrine“, Atlantic Times, 4/2009, http://www.atlantictimes.com/archive_detail.php?recordID=1716 104 Organization for Economic Cooperation and Development, Principles of Corporate Governance, 5/1999 105 Welch lehnte diesen Ansatz in einem Interview mit der Financial Times am 12.03.2009 ab: „Shareholder value is a result, not a strategy“ 106 Über 1.000 damals führende US-Ökonomen reichten eine Petition an Präsident Hoover ein, in der sie ihn aufforderten, den Smoot-Hawley Act nicht zu unterschreiben Gegenüber dem seit 1922 geltendem Tariff Act (der selbst eine dramatische Anhebung der Zölle bewirkt hatte), erhöhte der Smoot-Hawley Act die Einfuhrzölle für 890 Warengruppen und senkte sie für 235 Bis 1932 war der durchschnittliche US-Zolltarif für zollpflichtige Importe auf 59 Prozent gestiegen – ein Wert, der nur einmal in der vorangegangenen Geschichte übertroffen wurde, nämlich ein Jahrhundert früher Siehe „The Battle of Smoot-Hawley“, Economist, 18.12.2008, auf mehreren Websites verfügbar, zum Beispiel http://www.people.fas.harvard.edu/~hiscox/SmootHawley.pdf 107 „What Is the World Trade Organization?“, http://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/fact1_e.htm 108 Das G-20-Kommuniqué „London Summit – Leaders’ Statement“ steht hier zur Verfügung: http://www.g20.org/Documents/g20_communique_020409.pdf 109 „Confidence in Obama Lifts U.S Image Around the World“, Global Attitudes Project, Pew Research Center, http://pewglobal.org/reports/display.php?ReportID=264 Kapitel 110 Murray N Rothbard, „A Future of Peace and Capitalism“ in Modern Political Economy, Hrsg James H Weaver (Boston: Allyn & Bacon, 1973), Kapitel 28 111 George Will, „Capitalism Goes Out of Tune“, Washington Post, 10.05.2009, S 112 Tatsächlich glaubte Schumpeter, dass der Kapitalismus über kurz oder lang einer Form des 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 Sozialismus weichen würde, weil es den Volkswirtschaften nicht gelingen würde, genügend Arbeitsplätze zu schaffen für die Menschen, die arbeiten wollen, und dass dann die Intellektuellen sich die gesellschaftliche Unzufriedenheit zunutze machen würden, um Wohlfahrtsstaaten zu schaffen Roger Altman, „Globalization in Retreat“, Foreign Affairs, 7+8/2009 Pressemitteilung der Weltbank, 12.02.2009, http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/NEWS/0,,contentMDK:22067892~pagePK:642 Tom Biracree, „IHS Herold/Harrison Lovegrove Study Finds 2008 Global Upstream Oil & Gas Transaction Value Fell 32%“, Source, IHS (Information Handling Services), http://press.ihs.com/article_display.cfm?article_id=4004 Aus verschiedenen Berichten von Albert Park, Cai Fang und Du Yang für den China Quarterly Update der Weltbank Nach den Zahlen der Bank führte jeweils ein Prozent BIP-Wachstum zu einem Anstieg der Beschäftigungsquote um 0,3 Prozent; seit 2000 habe dagegen jedes Prozent BIP-Wachstum möglicherweise nur 0,1 Prozent mehr Arbeitsplätze erbracht Siehe „How High Is China’s Jobless Rate?“, Economist, 27.11.2008, http://www.economist.com/businessfinance/displayStory.cfm?story_id=12677296 Auf dem Stand von 2009 können weniger als 20 Prozent der chinesischen Arbeitnehmer erwarten, eine Rente zu bekommen Nur 14 Prozent sind gegen Arbeitslosigkeit versichert Siehe House Committee on Small Business, „Role of Small Business Suppliers and Manufacturers in the Domestic Auto Industry“, Gutachten von Chris Norch, Präsident von Denison Industries, im Auftrag der American Foundry Society, 13 Mai 2009, http://www.house.gov/smbiz/hearings/hearing-5-13-09-auto-industry-suppliers/Norch.pdf, S Pressekonferenz des Präsidenten am 29.04.2009, http://www.whitehouse.gov/the_press_office/News-Conference-by-the-President-4/29/2009 Siehe http://travel.state.gov/visa/immigrants/types/types_4317.html Die Greencard-Lotterie wird offiziell als Diversity Visa Lottery bezeichnet und steht Bewerbern aus allen Ländern offen außer den zehn, aus denen schon jetzt die meisten Einwanderer in die Vereinigten Staaten kommen Diese Informationen beruhen auf Daten der US Citizenship and Immigration Services für 2007, zitiert in der National Foundation for American Policy William Kerr und William Lincoln, The Supply Side of Innovation: H1-B Visa Reform and US Ethnic Innovation, Harvard Business School, Arbeitspapier 09-005, 12/2008 Edwin Chen, „McCain Vows to Halt China Toy Imports If Children Endangered“, Bloomberg News, 22.04.2008, http://www.bloomberg.com/apps/news? pid=20601087&sid=atqFrDRnvz.I&refer=home Robert D Atkinson, „The Rise of the New Mercantilism“, Globalist, 29.05.2008, http://www.theglobalist.com/StoryId.aspx?StoryId=7026 Ibd „China’s Piracy Hurting Its Own Industries“, Part 4, Associated Press/MSNBC, 07.07.2006, http://www.msnbc.msn.com/id/13617619 „Support for Free Trade Recovers Despite Recession“, Pew Research Center for the People & the Press, 28.04.2009, http://people-press.org/report/511/free-trade-support-recovers 126 Philip Stephens, „Wanted: Global Politics to Rescue Global Capitalism“, Financial Times, http://m.ftchinese.com/index.php/ft/story/001025286/en ...Ian Bremmer DAS ENDE DES FREIEN MARKTES Der ungleiche Kampf zwischen Staatsunternehmen und Privatwirtschaft Aus dem Amerikanischen von Karsten Petersen Titel der Originalausgabe: The... eingestuft.14 Der Aufstieg des Staatskapitalismus und die Zukunft des freien Marktes Vor 20 Jahren trieb der Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und der Sowjetunion einen Pflock durch das Herz des. .. konfrontiert – und all der anderen auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches, die glauben, der freie Markt habe versagt und der Staat müsse die führende Rolle im wirtschaftlichen Handeln von Ländern