Komplexe Polyketide aus Bakterien, wie z.B. Erythromycin A (5), Bleomycin (42) und FK506 (43) sind pharmakologisch bedeutende Naturstoffe, die von PKS gebildet werden.10,11 In den letzten Jahren wurde gezeigt, dass neben dem Lehrbuch-PKS-Typ noch eine weitere PKS-Gruppe existiert, die trans-AT-PKS. Diese Enzyme, die sich evolutiv unabhọngig von „Standard“-(cis-AT)-PKS entwickelt haben, kommen họufig in Bakterien mit ungewửhnlicher Lebensweise wie Symbionten, Pathogenen oder Anaerobiern vor und wurden daher lange übersehen.10 Trans-AT-PKS unterscheiden sich von cis-AT-PKS dadurch, dass sie biosynthetische Module mit ungewửhnlich diverser Architektur und Funktion tragen und einen hochkomplexen Aufbau aus kovalent und nichtkovalent gebundenen Einheiten besitzen. Die Funktion dieser Module und Domọnen ist bisher nur schlecht verstanden, sodass grundlegende Fragen bezỹglich der Biosynthese zu klọren sind. Interessanterweise deuten phylogenetische Studien darauf hin, dass in Bakterien trans-AT-PKS họufiger durch Neukombination von Genbereichen entstehen als cis-AT-Systeme.26 Dies lọsst vermuten, dass die Nachahmung dieses Prozesses im Labor mit grửòerer Wahrscheinlichkeit zu neuen Polyketidstrukturen fỹhren kửnnte als dies bisher fỹr cis-AT-PKS der Fall ist. Neben diesen Erkenntnissen fỹr kombinatorische Biosynthese ergaben die phylogenetischen Untersuchungen zudem, dass die Gensequenz einer KS-Domọne mit dem akzeptierten Substrat korreliert. Dieses Regelwerk ermửglicht, ọhnlich dem Colinearitọtsprinzip fỹr cis-AT-PKS, Voraussagen von Polyketidstrukturen aus Gensequenzen. Jedoch basiert dieses Regelwerk bisweilen nur auf In-silico-Daten.
Das Hauptziel des Promotionsvorhabens war es, die Spezifizitọt von KS-Domọnen in trans-AT-PKS in vitro zu verifizieren. Dafür sollten N-Acetylcysteamin-Derivate (SNAC- Derivate) synthetisiert werden, die in Experimenten mit exprimierten KS-Domọnen aus dem Bacillaen- und Psymberin-Gencluster getestet werden sollten. Phylogenetische Analysen deuten darauf hin, dass die KS-Domọnen im Allgemeinen wenig tolerant gegenỹber Verọnderungen in der Nọhe der Thioesterfunktion des Substrats sind.26 Deshalb sollten die Pseudosubstrate in der α,β-Region mit den natürlichen Intermediaten übereinstimmen und die Toleranz für Modifikationen an der γ- bis ε-Position getestet werden. An diesen Positionen tragen die Intermediate Funktionalitọten, die allgemein von PKS-Systemen eingefỹhrt werden kửnnen.
32 ZIELSETZUNG
Zunọchst sollte mit der Untersuchung der fỹnften KS (KS 5) innerhalb der Bacillaen- Biosynthese und der ersten (KS 1), zweiten (KS 2) und dritten (KS 3) KS innerhalb der Psymberin-Biosynthese überprüft werden, ob die In-silico-Vorhersagen für die Substratspezifitọt in der α,β-Region auch in In-vitro-Versuchen bestọtigt werden kửnnen (Abbildung 35).
Abbildung 35: A) Ausschnitt aus der Bacillaen-Biosynthese, B) Ausschnitt aus der Psymberin-Biosynthese;
nummeriert sind die KS-Domọnen, deren Substratspezifitọt getestet werden sollte.
Für die Untersuchungen der KS sollten die kurzkettigen SNAC-Substrate 57a und 57b synthetisiert werden (Abbildung 36 A). Die Substrate 58-63 wurden für die Studie im Rahmen eines anderen Promotionsprojekts dargestellt (Abbildung 36 B).
Abbildung 36: A) Substrate 57a und 57b, die im Rahmen dieser Promotion für die Untersuchung der Substratspezifitọt synthetisiert werden sollten; B) Substrate 58-63 die im Rahmen einer anderen Promotion synthetisiert wurden.
Nach dem „Proof-of-Principle“ sollten die Bacillaen KS 1, KS 2 und KS 4 mit unterschiedlichen Substratspezifitọten auf deren Substrattoleranz untersucht werden (Abbildung 35 A). Die anderen Module der Biosynthese sind entweder schwierig zu analysieren, da dies Synthesen von komplexen, instabilen Substanzen erfordert, oder sie sind von geringerem Interesse für die kombinatorische Biosynthese. Dabei sollten sowohl Volllọngensubstrate, als auch verkỹrzte Analoga getestet werden. Die verkỹrzten
Substrate sind zum einen synthetisch leichter zugọnglich, zum anderen geht aus den phylogenetischen Studien hervor, dass die Spezifizitọt der KS nur bis zur ε-Position reicht.
Fỹr die KS 1 in Modul 2 wird erwartet, dass nur acylierte Aminosọuren akzeptiert werden. Daher sollte mit den Volllọngen-Substraten 64b und 64c die Toleranz der KS 1 in Hinblick auf verschiedene Aminosọuren untersucht werden (Abbildung 37). Das natürliche Substrat 64a dient dabei als Standard. Diese Synthese sollte dabei anhand der üblichen Methoden der Peptidsynthese erfolgen. Mit den SNAC-Derivaten 65-67 sollte der Einfluss der verschiedenen Funktionalitọten im natỹrlichen Intermediat getestet werden. Anhand des Substrats 68 sollte der Einfluss einer zusọtzlichen Methylengruppe analysiert werden. Da der Zeitpunkt der Reduktion der δ-Ketogruppe zur δ-Hydroxyfunktion nicht eindeutig geklọrt ist, sollte mit Substrat 69 untersucht werden, ob KS 1 eine Prọferenz zu einem der beiden Substrate 64a oder 69 aufweist. Mit den Substraten 70 und 71 sollte die Akzeptanz von Heteroaromaten getestet werden. KS 1 prozessiert das Substrat eines NRPS-Moduls, die bekannt für die Produktion von Heteroaromaten wie Thiazol und Oxazol sind (vgl. 14).
Abbildung 37: Substrate 64a-c und 65-71 fỹr die Untersuchung Substratspezifitọt der KS 1.
Analog zu der Analyse der KS 1 sollte die KS 2 auf ihre Substratspezifitọt untersucht werden. Auch hier sollte der SNAC-Ester 72 als Referenz synthetisiert werden (Abbildung 38). Weiterhin sollte mit den Substraten 73-75 getestet werden, ob die Substratspezifitọt nach der β-Position signifikant relaxiert. Die Synthese der Substrate sollte wiederum unter Standard-Peptidkupplungsverfahren erfolgen.
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Abbildung 38: Substrate 72-75 fỹr die Untersuchung der Substratspezifitọt der KS 2.
Die Untersuchung der KS 4 der Bacillaen-Biosynthese sollte Aufschlüsse über eine KS-Domọne liefern, die ein α,β-ungesọttigtes Substrat prozessiert (Abbildung 35 A).
Auch hier sollte Substrat 76 als Referenz dienen, da es das natürliche Intermediat imitiert (Abbildung 39). Substrat 77 sollte Erkenntnisse bezüglich der Konfigurationsspezifitọt liefern, und die Substrate 78 und 79 sollten zur Analyse der γ- bis δ-Position dienen.
Abbildung 39: Volllọngensubstrate 76-79 fỹr die Untersuchung der KS 4 der Bacillaen-Biosynthese.
Exemplarisch ist der Retrosyntheseplan für die Synthese des Thioesters 76 gezeigt (Abbildung 40). Zunọchst sollte die Hydroxygruppe der Sọure 80a als Acetat geschỹtzt werden. Anschlieòend sollte mittels einer Peptidkupplungsreaktion zwischen der Sọure 80b und dem O-geschỹtzten Amin 81 das geschỹtzte Amid 82a dargestellt werden. Nach der selektiven Entschỹtzung zum primọren Alkohol 82b, sollte dieser zum Aldehyd 83 oxidiert werden. Mit einer für (cis)-Konfiguration selektiven Olefinierungsreaktion sollte der ungesọttigte Ester 84a dargestellt werden. Nach der Entfernung aller Schutzgruppen sollte die Sọure 84b unter Peptidkupplungsbedingungen in die Zielverbindung 76 überführt werden. Durch Variationen der Reaktionsbedingungen oder der verwendeten Edukte sollten die Thioester 77 und 78 in Analogie zur Synthese des Substrats 76 synthetisiert werden.
Fỹr die Synthese des Substrats 79 sollte zunọchst das Amin 89b dargestellt werden (Abbildung 41). Ausgehend von N-Boc-Glycinal (85) sollte mittels einer Grignard- Reaktion mit 3-Bromprop-1-in (86) der sekundọre Alkohol 87a synthetisiert werden.
Nach der Methylierung der Hydroxygruppe zum Ether 87b sollte baseninduziert der Alkinester 88 dargestellt werden. Danach sollte das Alkin 88 selektiv zum cis-konfigurierten Alken 89a hydriert und anschlieòend sọurekatalysiert zum primọre Amin (89b) entschützt werden. Das Amin 89b sollte dann in drei Stufen unter Standardbedingungen zum Substrat 79 umgesetzt werden.
Abbildung 40: Retrosynthese des SNAC-Thioesters 76.
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Abbildung 41: Retrosynthese des Thioesters 79.