1.5 Bindungsarten der festen Stoffe Seite 22 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Kovalente Bindung Kovalente Bindung – Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen zwischen den Atomen ist erhöht – Atome „teilen“ sich die Elektronen („Elektronenpaarbindung“) und erreichen dadurch Edelgaskonfiguration – Beispiel: Silizium Kovalente Bindung Kovalente Bindung Eigenschaften der kovalenten Bindung: – ausgeprägte Bindungsrichtungen – große Bindungsenergie: Feste Bindung, geringe Duktilität – geringe elektrische und thermische Leitfähigkeit – Beispiele: Viele keramische Stoffe, Halbleiter, Polymere 1.5 Bindungsarten der festen Stoffe Seite 23 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Ionenbindung Ionenbindung – Voraussetzung: Unterschiedliche Atomarten – Beispiel: Kochsalz – ein Elektron wird an ein anderes Atom abgegeben, Atome erreichen dadurch eine Edelgaskonfiguration – Bindung wird durch die kugelsymetrische elektrostatische Anziehung verursacht – keine Vorzugsrichtung in der Bindung – Ionenkristalle sind dicht gepackt. – Ionenkristalle haben eine geringe elektrische Leitfähigkeit. Metallbindung Metallbindung – Elektronengasmodell: Die Metallatome geben ihre Valenzelektronen an ein „Elektronengas“ ab, das die Atome gleichmäßig umgibt. – keine Vorzugsrichtung in der Bindung – Metallkristalle sind dicht gepackt – Metallkristalle haben eine gute elektrische Leitfähigkeit delokalisierte Elektronen Positiv geladene Metallionen 1.5 Bindungsarten der festen Stoffe Seite 24 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Van der Waals-Bindung Van der Waals-Bindung (Wasserstoffbrücken-Bindung) – Bindungen beruhen auf schwachen Wechselwirkungen zwischen elektrischen Dipolen (räumliche Trennung von positiven und negativen Ladungen im Atom). – Beispiel: Wasser – relativ kleine Bindungsenergien (niedriger Schmelzpunkt) – schlechte elektrische Leiter Van der Waals-Bindung Beispiel: Van der Waals-Bindung in PVC – Zwischen den Ketten bestehen Dipol-Dipol-Wechselwirkungen. Bei äußeren Kräften brechen die Bindungen relativ leicht und die Ketten können gleiten. – Kunststoffe sind weich und leicht verformbar Kraft Kraft 1.5 Bindungsarten der festen Stoffe Seite 25 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Zusammenfassung Wasserstoff (H 2 ) Chlor (Cl 2 ) Kohlendioxid (CO 2 ) sehr niedriger Schmelzpunkt weich sehr schlechter elektr. Leiter Polarisierte Moleküle van der Waals Gold (Au) Kupfer (Cu) Eisen (Fe) Magnesium (Mg) hoher Schmelzpunkt hart oder weich duktil, verformbar sehr guter elektr. Leiter Positive Ionen, bewegliche Elektronen metallisch Kochsalz (NaCl) Bariumoxid (BaO) Calciumfluorid (CaF 2 ) hoher Schmelzpunkt hart, spröde schlechter elektrischer Leiter IonenIonisch Diamant (C) Sand (SiO 2 ) Bornitrid (BN) sehr hoher Schmelzpunkt sehr hart elektrischer Nichtleiter Atomekovalent Beispiele Eigenschaften TeilchenBindung Literatur 1. Askeland, D. R.: Materialwissenschaften: Grundlagen, Übungen, Lösungen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, Oxford, 1996 2. Schatt, W., Worsch, H.: Werkstoffwissenschaft. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Stuttgart, 1996, 8. überarbeitete Auflage 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 26 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Elementarzelle im Kristallgitter x y z Metalle bilden im festen Zustand Kristalle, d. h. die Atome befinden sich in einer regelmäßigen räumlichen Anordnung metallische Werkstoffe werden durch Elementarzellen beschrieben Elementarzelle: kleinste Einheit, aus der ein Kristall periodisch aufgebaut werden kann ein Kristallgitter kann durch dreidimensionale Aneinanderreihung von Elementarzellen in den Raumrichtungen x, y und z aufgebaut werden in Idealkristallen völlig regelmäßige Anordnung der Gitterbausteine Metallische Werkstoffe, Elementarzellen (EZ) Elementarzelle Bemaßung der Elementarzelle (EZ) Elementarzelle (EZ), Bemaßung Koordinatensystem: x, y, z (Raumrichtungen) Gitterkonstanten: a, b, c (Kantenlängen der EZ) Achsenwinkel: D, E, J Vollständige Beschreibung einer Elementarzelle: x a D E J y b z c b c a 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 27 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Darstellung von Elementarzellen Punktgitter mit Atommittelpunkten (kubisch primitive EZ) Kugelmodell mit Atomen (kubisch primitive EZ) R Punktgitter: Verbindungslinien zwischen Atommittelpunkten bilden Gitter Kugelmodell: Atome im Gitter als einander berührende Kugeln gepackt Atomradius liegt zwischen 0,1 - 0,2 nm (alt: 1 Angström = 0,1 nm = 10 -10 m) für kubisch primitive (kp) Kristalle gilt: Atomradius R = 0,5 a a a a Packungsdichte der kubisch primitiven (kp) EZ V k = Volumen der Kugeln in der Elementarzelle R = Atomradius (im kp-Gitter: R = 0,5 a) P = Packungsdichte V = Volumen der Elementarzelle (im kp-Gitter: a 3 ) D Z = Gitterpunktdichte = Anzahl der Kugeln, die insgesamt in eine Elementarzelle gepackt sind (im kp-Gitter: 8 · 1/8 = 1) k = Koordinationszahl = Anzahl der Atome, die zu einem zentralen Atom den kürzesten Abstand haben (im kp-Gitter: 6) %52524,0 6 1 6 3 3 | S S a a V V P k 63 4 3 3 a RDV zk SS kubisch primitive Elementarzelle 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 28 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Koordinationszahl k k = Anzahl der Atome, die zu einem zentralen Atom den kürzesten Abstand haben (Koordinationszahl), nimmt mit zunehmender Dichte der Packung der Atome bis auf 12 zu (für gleichgroße Atome) k = 6 (P = 0,524; z. B. kp) Packungsdichte der kubisch raumzentrierten (krz) EZ Punktgitter (krz) Kugelmodell (krz) Elementarzelle als Ausschnitt aus dem Kugelmodell %68680,03 8 11 3 4 1 3 4 2 1 3 4 3 3 3 3 | ¸ ¹ · ¨ © § SSS a a a RD V V P z k aaR | 433,03 4 1 21 8 1 8 z D 8 k 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 29 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Koordinationszahl k k = Anzahl der Atome, die zu einem zentralen Atom den kürzesten Abstand haben (Koordinationszahl), nimmt mit zunehmender Dichte der Packung der Atome bis auf 12 zu (für gleichgroße Atome) k = 6 (P = 0,524; z. B. kp) k = 8 (P = 0,680; z. B. krz) Packungsdichte des kubisch flächenzentrierten (kfz) Gitters Kugelmodell (kfz)Punktgitter (kfz) max 3 3 3 3 %74740,02 6 11 2 4 1 3 4 4 1 3 4 P a a a RD V V P z k | ¸ ¹ · ¨ © § SSS aaR | 354,02 4 1 4 2 1 6 8 1 8 z D 12 max kk Ausschnitt aus dem Kugelmodell 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 30 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Koordinationszahl k k = Anzahl der Atome, die zu einem zentralen Atom den kürzesten Abstand haben (Koordinationszahl), nimmt mit zunehmender Dichte der Packung der Atome bis auf 12 zu (für gleichgroße Atome) k = 6 (P = 0,524; z. B. kp) k = 8 (P = 0,680; z. B. krz) k = 12 (P = 0,740; z. B. kfz, hdp) Wichtige Metalle mit krz- und kfz-Gitter krz-Gitter: Cr (Chrom) Mo (Molybdän) V(Vanadium) W(Wolfram) D-Fe (D-Eisen) Ta (Tantal) kfz-Gitter: Al (Aluminium) Ag (Silber) Au (Gold) Cu (Kupfer) Ni (Nickel) Pb (Blei) J-Fe (J-Eisen) 2.1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 31 Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof. Dr Ing. Friedrich-Wilhelm Bach Exkurs: Zugversuch Kraft-Verlängerungskurve von krz- und kfz-Stahl austenitischer Stahl (kfz-Gitter) ferritischer Stahl (krz-Gitter) LÜDERS-Dehnung linearer Bereich, Hook‘sche Gerade (elastische Verformung) Bruch plastische Verformung Verlängerung Kraft Verlängerung Kraft Bruch plastische Verformung linearer Bereich, Hook‘sche Gerade (elastische Verformung) Exkurs: Kerbschlagbiegeversuch: Einfluss des Kristallgitters Kerbschlagarbeit: Energie, die beim Durchschlagen einer Probe des zu charakterisierenden Materials in einem Pendelschlagwerk verbraucht wird Kerb- schlag- arbeit A V [J] Temperatur Hochlage Steilabfall Stahl (krz-Gitter) Stahl (kfz-Gitter) Tieflage Übergangstemperatur T Ü [...]... System – bestimmte Richtung: Indizes in eckigen Klammern, z B [110] – kristallographisch äquivalente Richtungen zusammengefasst: Eine dieser Richtungen in spitzen Klammern, z B – negative Achsabschnitte: Kennzeichnung durch Querstrich über dem Index Millersche Indizes - Allgemeine Beschreibung von Richtungen im Gitter Millersche Indizierung einer beliebigen Richtung (Vektor r ) im Kristallgitter –... Schmierstoff, Bleistift Millersche Indizes – Beschreibung von Richtungen und Ebenen im Gitter Millersche Indizes: "Werkzeug" zur Beschreibung von kristallographischen Gitterebenen und Gitterrichtungen und für die Kristallstrukturanalyse Elementarzelle z Gitterebenenschar y d x Elementarzelle im dreidimensionalen Kristallgitter Universität Hannover Zweidimensionaler Ausschnitt aus einem Kristallgitter mit Gitterebenen... ganzzahliges Vielfaches ihrer Wellenlänge (konstruktive Interferenz) jedem Gitter ist ein bestimmtes Beugungsbild zugeordnet Identifikation von Kristallgittern möglich! Gangunterschied: 2 · d · sin ( ) (Glanzwinkel ) d BRAGGsche Gleichung: 2 · d · sin ( ) = n · (mit n = 0, 1, 2, ) Reflexion an einer Gitterebenenschar Universität Hannover Institut für Werkstoffkunde Prof Dr.-Ing Friedrich-Wilhelm Bach 2. 1 Elementarzellen,... – positive / negative Ebenen sind identisch: Es gilt ( 020 ) = ( 020 ) – Richtung ist mit ihrem Vielfachen identisch: [100] dieselbe Richtung wie [20 0] – keine Äquivalenz von Ebenen und ihrem Vielfachen: Parallele Ebenen schneiden Atome ihrer EZ an unterschiedlichen Stellen unterschiedliche Eigenschaften – kubische Kristalle: Richtungen und Ebenen mit u, v, w = h, k, l senkrecht zueinander Universität... Beugungsbilder: Beugungs- Beugungs- muster ringe Anisotropie - amorphe Stoffe Isotropie: Richtungsunabhängigkeit von Werkstoffeigenschaften Anisotropie: Richtungsabhängigkeit von Werkstoffeigenschaften Ursachen für Anisotropie: Kristallstruktur eines Stoffes, einseitig wirkende Verstärkungsmaßnahmen Quasiisotropie: Kristallite eines Gefüges sind anisotrop, statistische Verteilung der räumlichen Anordnung... unterschiedlichen Orientierung der Koordinaten Wichtige Regeln der Millerschen Indizierung z Ebene (010) schneidet Atome ihrer EZ zentral, Ebene ( 020 ) gar nicht nicht äquivalent! ( 020 ) (010) y x z in kubischen Kristallsystemen: Richtungen und Ebenen mit gleichen Indizes u, v, w = h, k, l senkrecht zueinander! (110) y x [110] – positive / negative Richtungen nicht identisch: [100], [100] entgegengesetzt gerichtet... der Kristallite führt zum makroskopischen Ausgleich der richtungsabhängigen Eigenschaften Gefüge ist makroskopisch isotrop Textur: Ausrichtung der Kristallite z B durch Walzvorgänge Anisotropie des polykristallinen Werkstoffes amorphe Stoffe: Atome und Ihre Bindungen sind völlig regellos verteilt keine Richtungsabhängigkeiten der Eigenschaften amorphe Stoffe sind isotrop Universität Hannover Institut... verschiedener Kristallgitterformen bei Eisen abhängig von der Temperatur Änderung der Kristallgitterform bei bestimmten Temperaturen hat eine Volumen- bzw Längenveränderung des Eisens zur Folge S 0 911 Dilatometerkurve von Eisen Universität Hannover 13 92 1536 Temperatur in °C Institut für Werkstoffkunde Prof Dr.-Ing Friedrich-Wilhelm Bach 2. 1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 42 Kristalline Modifikationen... 3 a 2 a3 3 1 2 2 3 -Ti 1,601 Universität Hannover 6 a 3 1 VPr isma 3 V ideales Achsenverhältnis für größte Packungsdichte: 6 1 6 c a 2 2 3 3 a2 3 6 1,633 0,740 c 2 3 a2 c 74% 2 3 c 2 6 a Pmax Mg Co ideal Ca Zn Cd 1, 624 1, 624 1,633 1,640 1,856 1,886 Institut für Werkstoffkunde Prof Dr.-Ing Friedrich-Wilhelm Bach 2. 1 Elementarzellen, Gitterstrukturen Seite 33 Stapelfolge bei dichtester Packung dichteste... Gitterebenen des Kristalls Institut für Werkstoffkunde Prof Dr.-Ing Friedrich-Wilhelm Bach 2. 2 Millersche Indizes Seite 43 Millersche Indizes von Richtungen im kubischen Kristallgitter [001] [111] [111] [111] [111] [111] [010] [010] [100] [111] [110] [111] Beispiel: [010] Würfelkante in y-Richtung, für alle Würfelkanten [111] [111] Beispiel: entspricht allen [111] Raumdiagonalen im kubischen System . für Anisotropie: Kristallstruktur eines Stoffes, einseitig wirkende Verstärkungsmaßnahmen Quasiisotropie: Kristallite eines Gefüges sind anisotrop, statistische Verteilung der räumlichen. Edelgaskonfiguration – Bindung wird durch die kugelsymetrische elektrostatische Anziehung verursacht – keine Vorzugsrichtung in der Bindung – Ionenkristalle sind dicht gepackt. – Ionenkristalle haben eine. Atommittelpunkten (kubisch primitive EZ) Kugelmodell mit Atomen (kubisch primitive EZ) R Punktgitter: Verbindungslinien zwischen Atommittelpunkten bilden Gitter Kugelmodell: Atome im Gitter als einander berührende